Mit Geophysik und Laser auf der Spur der Römer

Werbung
Werbung
Werbung

Österreichs Archäologie steht an einem Wendepunkt: Mit Sabine Ladstätter leitet erstmals eine Frau das Österreichische Archäologische Institut. Neue Techniken bescheren den Archäologen weitere Erfolge.

Österreichs Archäologie bemüht sich um ein neues Image als moderne wissenschaftliche Disziplin. Die Bestellung von Sabine Ladstätter zur Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖÄI) setzt ein Signal in diese Richtung. Ein Römerfund im Burgenland kommt da zum richtigen Zeitpunkt.

Stefan Groh, ein hochgewachsener Mittvierziger, ist Leiter des Projekts Bernsteinstraße, welches das Österreichische Archäologische Institut (ÖAI) gemeinsam mit Ungarn und Slowenien durchführt. Bereits im vorigen Jahr entdeckte das Forschungsteam eine Siedlung im burgenländischen Strebersdorf. Vor Kurzem gelang ein weiterer Fund, der weit über die Grenzen Österreichs hinaus in der Fachwelt auf großes Interesse stößt. Es handelt sich um die Befestigungsgräben dreier antiker römischer Militärlager. „Damit ist die Präsenz von römischem Militär im Mittelburgenland bewiesen“, freut sich Groh.

Ein Lager, älter als Carnuntum

Neben diesem Umstand sind es zwei weitere Tatsachen, die den Fund so bemerkenswert machen. Zum einen die große Ausdehnung von Siedlung und Lagern. Sie erstrecken sich über eine Gesamtfläche von zwei Hektar. Zum anderen die Datierung. So stammt das früheste der drei Lager aus der Zeit des Kaisers Augustus (63 v. Chr. bis 14 n. Chr.) und ist damit etwa eine Generation älter als das Legionslager in Carnuntum (gegründet 6 n. Chr.). Aufgabe der Soldaten war neben der Sicherung des wichtigen Handelsweges Bernsteinstraße offenbar die Kontrolle der lokalen Eisenproduktion. In der Region gab es nämlich große Vorkommen hochreinen Eisenerzes. „Für die Befeuerung der Schmelzöfen benötigte man natürlich viel Holz“, sagt Groh. „Deshalb fand damals wohl auch eine große ökologische Wandlung in der Region statt.“

Rund 80 Fundstücke runden das Bild einer archäologischen Ausnahmeentdeckung ab. Prunkstücke sind ein Becher sowie ein medaillonartiges Schmuckstück, das als Teil eines römischen Reitergeschirrs identifiziert wurde.

Ein Zufallstreffer war dieser Fund freilich nicht. Schon ehe die ersten Spaten zum Einsatz kamen, konnte Grohs Team mittels geomagnetischer Untersuchungen des Erdreichs den Verlauf der ehemaligen Befestigungsanlagen lokalisieren. Der Einsatz moderner geophysikalischer Techniken ist in der modernen Archäologie von heute eine Selbstverständlichkeit.

Erste Frau an der Spitze des ÖAI

Er entspricht zudem dem Selbstverständnis dieser Disziplin als einer zeitgemäßen Wissenschaft, die das Image verstaubter, graubärtiger Gelehrsamkeit endgültig hinter sich lassen will. Auch personell ist die Frischzellenkur in der heimischen Archäologie nicht zu übersehen. Langgediente Professoren gehen nach und nach in Ruhestand. An ihre Stelle rückt die Generation der 40- bis 50-Jährigen. Sie bringen neue Ideen und einen zeitgemäßeren Zugang zu ihrer Wissenschaft mit. Weg von punktuellen Grabungen mit regionalem Bezug, hin zu globaleren Fragestellungen und der Betrachtung ganzer Kulturräume.

Frischen Wind in Österreichs Archäologieszene signalisiert auch die Bestellung der 41-jährigen Sabine Ladstätter zur neuen Direktorin des ÖAI. Ab 1. Oktober steht damit erstmals in den 111 Jahren ihres Bestehens eine Frau an der Spitze dieser Institution. Sie hat sich die Umgestaltung des ÖAI zu einem modernen Forschungsunternehmen auf die Fahnen geschrieben (siehe Interview). Daneben legt Ladstätter aber auch auf die Vermittlung der Forschungsresultate wert. „Wir sind als Archäologen ja in der glücklichen Lage, der Öffentlichkeit etwas zeigen zu können“, meint sie: „Diese Möglichkeiten muss man nutzen.“

Laserscanner vermessen Gräber

Das sieht auch Christian Gugl so. Der stellvertretende Leiter des Instituts für Kulturgeschichte der Antike der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist Experte für die antike Stadt Carnuntum. Im Rahmen der niederösterreichischen Landesausstellung 2011 wird sie eine zentrale Rolle spielen. Derzeit erarbeitet Gugl die Grundlagen für ein dreidimensionales Großmodell von Carnuntum. Geplant im Maßstab 1:300 wird es etwa 14 Meter lang sein. „Die Ansprüche des Publikums sind hoch“, meint Gugl. „Man muss den Leuten etwas bieten.“ Eine zeitgemäße Form der Darstellung hat auch sein Institutskollege Norbert Zimmermann, START-Preisträger des Jahres 2005, gefunden. Im Rahmen eines dreijährigen Projekts rekonstruierte er die Domitilla-Katakombe in Rom in Form eines dreidimensionalen Computermodells. Dazu wurden die kilometerlangen Gänge und Grabkammern mit Laserscannern vermessen und anschließend am Rechner zu visuellen Daten verarbeitet. Eine Veröffentlichung als DVD ist in Vorbereitung. Die Wiederbelebung des Entschwundenen, die Erhaltung des Vergänglichen – das wird auch in Zukunft den Kern archäologischen Tuns bestimmen. Doch die Archäologie nimmt sicher keinen Schaden daran, wenn das mit etwas Pepp passiert. Ganz im Gegenteil.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung