KombinationKöpfe - © diak.org & Wikimedia/Andreas Reiner     -    John Bunzl (links), Herbert Fux (rechts)

John Bunzl vs. Herbert Fux: Mit Jeans zur Anti-US-Demo

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Wo liegen die Gründe für den Antiamerikanismus? Provoziert das undiplomatische Vorgehen der Bush-Regierung den Widerstand in Europa? Oder gibt es eine unüberwindliche Kluft zwischen Alter und Neuer Welt? Darüber diskutieren der Schauspieler Herbert Fux und der Nahost-Experte John Bunzl.

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Wo liegen die Gründe für den Antiamerikanismus? Provoziert das undiplomatische Vorgehen der Bush-Regierung den Widerstand in Europa? Oder gibt es eine unüberwindliche Kluft zwischen Alter und Neuer Welt? Darüber diskutieren der Schauspieler Herbert Fux und der Nahost-Experte John Bunzl.

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DIE FURCHE: Europa schwelgt im Antiamerikanismus, heißt es jetzt allerorten. Wo liegen die Gründe dafür?

Herbert Fux: In der Beseitigung der Weltgefahr Nationalsozialismus hat Amerika eine historische Bedeutung gespielt. Dafür müssen besonders wir, aber auch die ganze Welt, immens dankbar sein. Im letzten Jahrzehnt ist jedoch die Weltmachtpolitik der USA mehr und mehr in den Vordergrund getreten. Und das verursacht immer wieder eine Abkehr von diesem grundsätzlichen Gefühl der Dankbarkeit. Doch ohne Intervention der USA wäre der Balkankrieg nicht zu beenden gewesen. Das gleiche gilt für den Einsatz in Afghanistan - auch dafür muss Europa unglaublich dankbar sein ...

DIE FURCHE: Ist Europa aber nicht - so schaut es wenigstens momentan aus ...

Fux: Ja, ja, ich versuche nur zu differenzieren. Doch die jetzige Situation ist, verursacht durch das undiplomatische Vorgehen von Bush, zusehends zwiespältig geworden: Neben der Dankbarkeit tritt zusehends ein Gefühl auf in der Art: Was bilden sich diese Amerikaner eigentlich ein - Beispiel: Weltgerichtshof. Das ist aber nicht generell Anti-Amerikanismus, sondern das ist berechtigte Kritik bei dieser oder jener Sachentscheidung.

John Bunzl: Das Amerika-Bild in der europäischen Gesellschaft ist sehr stark geprägt von den inneren amerikanischen Verhältnissen. Und da gibt es die Tradition eines rechten Antiamerikanismus: Die USA stehen für Multikulturalität, für Toleranz, für Jazz und Rock'n'Roll, was ja auch in der Nazi-Terminologie total verteufelt wurde. Gewisse Reste davon gibt es nach wie vor. Genauso wie eine arrogante Haltung gegenüber Amerika: die Vereinigten Staaten als Sinnbild für Kulturlosigkeit und im Gegensatz dazu Europa als hehres Zentrum der Kultur.

DIE FURCHE: Nicht zu vergessen das Motiv des Imperialismus und der Weltherrschaft, das ja auch von Seiten der Linken immer wieder unterstellt wird.

Bunzl: Gewiss, oft verbündet sich Antiamerikanismus auch mit Antisemitismus: die Vorstellung, die Juden beherrschen die USA, die Juden sind die USA. Davon zu unterscheiden ist eine konkrete, berechtigte Kritik. Und es ist wahr, mit dem Wegfall der Sowjetunion - so schlimm diese war - ist das internationale Korrektiv für die USA verschwunden.

DIE FURCHE: Gilt das jetzt generell für die USA, so wie sie sich seit den neunziger Jahren präsentiert, oder hängt das doch sehr stark von der jeweiligen Administration ab?

Bunzl: Es gibt einen drastischen Unterschied zwischen Clinton und Bush. Ich glaube nicht, dass Bill Clinton die jetzige Politik gemacht hätte. Aber George Bush ist einfach zu blöd, um eine eigene intellektuelle Weltpolitik auszuarbeiten. Daher ist er von seinenRatgebern sehr abhängig, und man merkt das auch, weil er so viele widersprüchliche Aussagen tätigt. Außerdem kommt hinzu, dass protestantische Fundamentalisten, aber auch neokonservative Kräfte - die schon lange vor dem 11. September wollten, dass der Islam die Sowjetunion als Feindbild ersetzt - sowie pro-israelische Kräfte sehr stark auf diesen Präsidenten einwirken.

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