Jungfrauenweihe: Mit Ring, Schleier und Stundenbuch
Der alte Brauch der Jungfrauenweihe – im Laufe der Jahrhunderte in Vergessenheit geraten, vom Zweiten Vatikanischen Konzil neu entdeckt – übt noch immer eine Faszination auf einzelne Frauen in der Kirche aus.
Der alte Brauch der Jungfrauenweihe – im Laufe der Jahrhunderte in Vergessenheit geraten, vom Zweiten Vatikanischen Konzil neu entdeckt – übt noch immer eine Faszination auf einzelne Frauen in der Kirche aus.
Petra Maria Sara G. ist noch Jungfrau – und wird es auch bleiben: Anfang Juli schwor die 31-jährige, im Gesundheitsbereich tätige Frau bei einer Messe in der Klosterkirche Marchegg ihrem Ortsbischof, dem Wiener Kardinal Christoph Schönborn, ein Leben als Jungfrau zu führen.
Während immer lauter und offener über die Aufhebung des Pflichtzölibats für römisch-katholische Priester gesprochen wird, scheint dieser alte kirchliche Brauch in Vergessenheit geraten zu sein. Dabei hat das Zweite Vatikanische Konzil diesen Ritus nicht aufgehoben oder abgeschafft: Die Liturgiekonstitution hat die Form überarbeitet und zwei Fassungen erstellt – eine Jungfrauenweihe nach alter Tradition für Frauen in Ordensgemeinschaften und eine für Frauen, „die in der Welt leben“.
Eheliches Band mit Christus
Bereits in den ersten Jahrzehnten der jungen christlichen Kirche war es üblich, Jungfrauen zu weihen. Bei Apostel Paulus, aber auch in anderen kirchlichen Dokumenten der damaligen Zeit wie Inschriften, Predigten oder Gemeindeordnungen sowie bei großen Theologen, darunter Tertullian, Cyprianus oder Augustinus, wird von Jungfrauen in der Urkirche berichtet. Vorbild dabei war stets die Bibel, in welcher die Enthaltsamkeit „um des Himmelsreichs willen“ als ein besonderes Opfer für Gott und ein erstrebenswerter Lebensstil angepriesen wird.
Viele Theologen verstanden den biblisch verwurzelten Gedanken des bräutlichen Verhältnisses der Kirche zu Christus so, dass das Versprechen der Jungfräulichkeit um Christi willen als geistliche Eheschließung aufgefasst werden kann. Das öffentliche Gelübde wurde wie ein eheliches Band zwischen der Jungfrau und Christus angesehen – aus dieser Zeit stammen auch jene Insignien, die heute wieder mit der Weihe überreicht werden: Ring, Schleier sowie ein Stundenbuch. Wurde es gebrochen, galt dies wie ein Ehebruch mit allen Konsequenzen.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!