Mit Sicherheit in die Hofburg

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Seit Wochen war klar: Die Bundespräsidentenwahl wird ein "Lagerwahlkampf" um die Flüchtlingsfrage werden. Das ist - trotz aller Fairness-Gelöbnisse - nach wie vor ein sicherer Tipp. Nur: Die Kandidaten haben es derzeit Tag für Tag schwerer, ihre "Gegner" ausfindig zu machen.

Wo sich zunächst der Blick auf ein weites Feld inhaltlicher Differenzen öffnete - von der "Willkommenskultur" bis zur Forderung, unsere Grenzen dicht zu machen -da ist das Spektrum politischer Positionen inzwischen eng, ja, vielfach nur noch schwer erkennbar geworden.

Die Gründe dafür sind wohlbekannt: der Terror von Paris. Die Übergriffe auf Frauen in Köln und anderswo. Vor allem der ungebremste Ansturm flüchtender Menschen - für ein Ende ist das so fragile Waffenstillstands-Versprechen sicher zu wenig.

Wieder einmal haben wir gelernt, was einer der Präsidentschaftskandidaten (gendergemäß verweiblicht) schon lange wusste: "Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit." Das herzerwärmende Erlebnis tausendfach praktizierter Nächstenhilfe ist binnen weniger Wochen von Ratlosigkeit, Überforderung, ja, Enttäuschung überrollt worden. (Umso bewundernswerter sind jene, die nicht müde werden, das Ihre zu tun!) Wer hätte je gedacht, dass sich gerade Österreich vor einer in Asylfragen völlig zerrissenen EU wegen Abschottung, Quoten und Rückschiebung verantworten muss?

Was aber bedeutet das für den kommenden Wahlkampf um die Hofburg? Die Erfahrung lehrt, dass alles, was Emotionalisierung verspricht, auch zum Thema wird -ohne Rücksicht darauf, wie heiß das Bügeleisen sein muss, um den eigenen Kurswechsel zu glätten. Also darf angenommen werden, dass die Slogans, Plakattexte und Reden-Entwürfe jetzt unter hohem Zeitdruck so umformuliert werden, um auch unter neuen Vorzeichen mehrheitsfähig zu bleiben.

Die Stunde der Formulierungsakrobaten

Da werden nun jene, die schon immer wussten, dass auf dem Luxusdampfer "Österreich" kein Bett mehr frei ist, noch ungehemmter jene höhnen, die zu dieser "Einsicht" länger gebraucht haben. Und andere werden jetzt "Solidarität mit Augenmaß" propagieren, um sich und auch dem neuen Kurs rhetorisch halbwegs treu zu bleiben.

Vielleicht bin ich zu skeptisch, aber ich fürchte, Österreichs einzige Persönlichkeitswahl könnte zum Kampfplatz von Formulierungsakrobaten werden.

Ich habe es hier schon einmal erwähnt: Einer der Bundespräsidenten, an dessen Seite ich werkte, hatte mich einst gebeten, griffige Slogans für seine Wiederwahl zu formulieren. Meine Mühe aber fand bei professionellen Wahlstrategen nur ein müdes Lächeln. Ihr unüberbietbares Schlagwort hatten sie schon in der Tasche: "Er bringt uns Sicherheit!" Von Flüchtlingen und Zäunen war damals noch gar keine Rede.

Wer von den Bewerbern, die jetzt um die Hofburg rittern, wird es noch wagen, sich der Verlockung populistischer Angst-Befriedigung zu verweigern?

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