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Das Kunsthaus Graz zeigt Malerei von Maria Lassnig und Skulpturen von Liz Larner in völlig ungewohnten Bezugsfeldern.

Wenn es so etwas wie eine zumutbare Bekanntschaft gibt, dann wäre die Begegnung von Maria Lassnig und Liz Larner in einer gemeinsamen Ausstellung dafür beispielhaft: So sitzen sie für das Ausstellungssujet beieinander, herzlich lachend. Beim ersten schnellen Blick meint man gerade mal einer Bildungslücke entwischt zu sein. Man kann aufatmen, denn die kreativ anmutende Begegnung ist arrangiert, von Kunsthaus-und Joanneumsintendant Peter Pakesch. Verschwiegen sei nicht, dass Maria Lassnig bis zum Schluss nicht wirklich willig war. Vor allem deshalb, weil die Maler gegenüber den "Installationisten" ihrer Meinung nach immer den kürzeren ziehen.

Freilich, hier ist es nicht so. Die neun Leinwände der Maria Lassnig behaupten sich mühelos gegen die Installationen und Skulpturen der um 41 Jahre jüngeren Kalifornierin Liz Larner, die Pakesch bereits in seiner Basler Zeit ausstellte. Sie versprühen mitunter auch jenen Dimensionenwechsel, von dem der Ausstellungstitel spricht: "Zwei oder Drei oder Etwas".

Um malerische Drei-und bildnerische Zweidimensionalität geht es, also um jenes rätselhafte Etwas, das nach Meinung der Ausstellungsmacher dem künstlerischen Schaffen beider Frauen innewohnt. Mitunter stellt sich dieses Etwas einsichtig ein. Es ist denkbar, postulierbar, ebenso aber auch nur fabulierbar. Die Dominanz der Kunsthausblase kann den noch nie gezeigten Bildern von Lassnig glücklicherweise wenig anhaben. Auch wenn man sie gerne in einem anderen Licht sehen würde.

Liz Larners Skulpturen wird zugesetzt. Ehrlich behauptet sich nur eine Arbeit in dieser amorphen Umgebung. Es ist die eigens für das Kunsthaus aufwändig adaptierte Installation "Forced Perspective" (1990-1992). Ein aus Stahlketten, Spiegeln und Eisenteilen gebauter Raumkäfig schiebt sich bis unter die Lichttrichter der Decke und spreizt diese auf. Schiebt sich wie das trojanische Pferd unter die tyrannische Dominanz der Architektur und überlistet diese. In der Nähe das älteste Lassnig-Bild dieser Schau. "Die Sinne" (1996) ist eine den Bildraum sprengende Arbeit. Vielleicht eine der komplexesten: Sieben Körperteile, extrahierte Sinnesorgane wie Nase, Auge, Ohren und Mund, anatomische Abirrungen, angeordnet und dem exakten Betrachten preisgegeben. Lassnigs Bilder fallen ohne List ein. Sie sind unprätentiös und direkt, gipfeln in der ungeschminkten Konfrontation mit dem Betrachter. So etwa zeigt das unvollendete Bild "Du oder Ich" (2005) ein nacktes Selbstporträt der 87-jährigen Künstlerin, die sich eine Pistole an den Kopf setzt und eine direkt auf den Betrachter richtet.

Gegenüber ein von Liz Larner erst vor Ort erarbeitetes subtiles Selbstporträt der amerikanischen Nation. "High Strength" ist ein silber-blaues Gebilde aus Aluminiumröhren, Nylon und Messing. Es steht für die Lüge, die den Irak-Krieg der Amerikaner legitimierte. Inspektoren fanden am Ende bei Saddam Hussein keine Nuklearwaffen, nur "high strength aluminum tubes". Lassnigs "Du oder Ich" wirkt hingegen zeit-und ortlos. Kommt ohne gesellschaftspolitische Aktualität aus, lebt von einer grandiosen Privatheit, die die Tragik des Dargestellten zum Stocken bringt. Und dadurch den Betrachter am Leben lässt.

Du oder ich, wir zwei oder drei - am Ende ist der Dimensionenwechsel kein formaler mehr, sondern politisch, existenziell und emanzipatorisch: Doch das Etwas muss amöbenhaft den Raum besiegen, den Eifer des Intendanten überstehen und dem Ausstellungssujet entsagen.

Zwei oder Drei oder Etwas

Maria Lassnig, Liz Larner

Kunsthaus Graz, Lendkai 1, 8020 Graz

Bis 7. 5. Di-So 10-18, Do 10-22 Uhr

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