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Bislang, so glaubten wir, hieß das Schlimmste, was scheinheiligen Geistern vorzuwerfen ist, "Doppelmoral". Seit der Karwoche wissen wir, es gibt sogar eine drei-, wenn nicht noch mehrfache Version davon. Wie sich Österreichs Kleinformat nämlich in den - zugegebenermaßen komplexen - Wirklichkeiten der gegenwärtigen Weltlage positionierte, war eine farbige Illustration dieses Zusammenhangs.

Moral Nr. 1 dieser Woche: Chinas Staatschef Jiang Zemin weilte staatsbesuchend in Österreich. Und ausgerechnet die "Krone", die sonst überall linke Weltverschwörungen wittert, hofierte und umschmeichelte den Staatsgast, der anderswo alles andere als unumstritten ist. Nicht aber hierzulande: Da durfte Jiang auf der Titelseite ein Lämmchen mit einer Milchflasche beglücken, und im Inneren - beispielsweise - derselben Ausgabe jubelt eine Überschrift: "Salzburg eroberte Chinesen-Herzen". Schon zwei Tage zuvor hieß es: "Dieser Besuch wird Früchte tragen", und Chinas Staatschef konnte unwidersprochen die Menschenrechtslage im Land bagatellisieren.

Moral Nr. 2: "Völkermord!" (Karfreitags-Schlagzeile) - Gemeint sind natürlich die Serben. Da gibt es für Dichands Mannen kein Halten. Schon über dem Lamm-Foto mit Jiang Zemin zwei Tage zuvor war die Schrift: "Serben-Greuel im Kosovo immer ärger", geprangt. Daß der Balkan und China so gar nichts miteinander zu tun haben, weiß wohl nur die "Krone".

Moral Nr. 3: Mit "Ein Lob der Caritas" überschrieb Peter Gnam seinen Kommentar am Gründonnerstag (Schlagzeile an diesem Tag: "Österreicher, öffnet jetzt eure Herzen!"). Was war geschehen? Nicht einmal drei Wochen zuvor hatte Kolumnist "Cato" die Caritas als linke Organisation niederqualifiziert ... Der Sinneswandel der "Krone" kam daher, daß der Wiener Caritaspräsident Landau damit zitiert werden konnte, wie wichtig die Balkan-Flüchtlingshilfe vor Ort ist. Das Anliegen dahinter: Ja keine Flüchtlinge nach Österreich! Daß Österreichs Kirchen - mit dabei auch die Caritas - aber Österreichs Politik, keine Flüchtlinge aus dem Kosovo aufzunehmen, scharf kritisieren, entging den Herren der "Krone" geflissentlich.

Wäre ja doch gelacht, wenn sich das Kleinformat nicht die beste Moral zusammenzimmern könnte, da es doch so viele Wahlmöglichkeiten gibt. Zumindest solche Moral, die einem selber nicht weh tut. Oder den Interessen eines marktbeherrschenden Mediums zuwiderläuft.

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