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Ein kritischer Blick auf die endlose Literatur über den Komponisten.

M ozart füllt die Buchhandlungen. Eine kaum überschaubare Flut an Neuerscheinungen überschwemmt im Mozartjahr den Buchmarkt, dazu kommen noch Neuauflagen, bearbeitet oder unbearbeitet. Biografien en masse, aber auch Werke, die sich dem großen Komponisten auf originellerem Wege nähern.

Abschied von Legenden

Ein Klassiker der Mozart-Literatur wurde in einer preisgünstigen Taschenbuchausgabe neu herausgebracht: Wolfgang Hildesheimers "Mozart", das 1977 für großes Aufsehen sorgte und sich seither 250.000-mal verkauft hat. Der Schriftsteller zieht darin einen Schlusstrich unter das bis dahin gängige Verständnis Mozarts als der, den "die Götter lieben", wie es ein hagiografischer Filmtitel ausdrückte, als quasi himmlisches Geschöpf, das sich kurz auf die Erde herniederließ, um die Menschheit mit seiner Kunst zu beglücken. Diesen romantisch-verklärten Vorstellungen setzt Hildesheimer den Pragmatiker Mozart entgegen, der für das Publikum komponierte und nicht für die Nachwelt, den Kindskopf Mozart, der zeitlebens keine einzige geistvolle Erwiderung zustande gebracht habe, den obszönen, analerotisch fixierten Mozart, wie er sich in vielen bis dahin verschämt verschwiegenen Stellen seiner Briefe offenbarte.

Die herausragende Biografie dieses Jahres ist wohl jene von Martin Geck, der merklich in Hildesheimers Fußstapfen zu treten gedenkt. Er geht nicht so hart ins Gericht mit Mozart wie sein Vorbild, für Geck ist Mozart eine Art verspielter Narr; gerne, so schreibt er, hätte er sein Buch "Harlequin komponiert" genannt. Auch Geck nimmt Abschied von so mancher Legende, etwa jener, Mozart habe mit dem "Don Giovanni" seinen künstlerischen Zenit überschritten. Außerdem betrachtet er Mozart nicht als beruflich Gescheiterten, sondern als einen, der bewusst den Weg des freien Künstlers einer Anstellung bei Hof vorzog.

Mordfall Mozart?

Die Legende, dass Mozart ermordet worden sei, geistert schon seit seinem Ableben herum. Diesen Umstand macht sich Rudolph Angermüller für sein originelles Buch "Mozart muss sterben" zunutze. In fiktiven Gerichtsverhandlungen verteidigen sich 15 Zeitgenossen gegen den Mordvorwurf. In den Dialogen wird Mozarts Leben aus der Sicht der jeweiligen Person aufgerollt, die stets mit Freispruch endende Anklage ist lediglich Aufhänger für einen etwas anderen Zugang zur Vita des Komponisten. Einziger Schönheitsfehler: Franz Hofdemel gehört nicht zum Kreis der Angeklagten. Dabei ist der kaiserliche Beamte, dessen Frau ein Verhältnis mit Mozart gehabt haben soll, traditionellerweise einer der Hauptverdächtigen im angeblichen Mordfall Mozart.

Missglückter Humor

Auch Humor kann ein Zugang zu Mozart sein. Peter Wehle versucht mit "Sprechen Sie Mozart?" eine heitere Variante, beschauliche Karikaturen von Georg Petzer inklusive. Wer Rufzeichen hinter jedem vierten Satz für ein Qualitätsmerkmal hält, dem wird diese Mischung aus Biografie und Wörterbuch gefallen. Möglicherweise aber schämt sich sogar der Autor für seinen eigenen Humor - warum sonst würde er sich durch Anführungszeichen von selbst gewählten Begriffen distanzieren?

MOZART

Von Wolfgang Hildesheimer

Insel Verlag, Frankfurt und Leipzig 2005, 432 Seiten, brosch., e 10,30

MOZART

Eine Biographie. Von Martin Geck

Rowohlt Verlag, Reinbek 2005, 480 Seiten, geb., e 25,60

MOZART MUSS STERBEN

Ein Prozeß. Von Rudolph Angermüller

Ecowin Verlag, Salzburg 2005, 256 Seiten, geb., e 19,90

SPRECHEN SIE MOZART?

Ein Lesebuch zum Nachschlagen.

Von Peter Wehle. Molden Verlag, Wien 2005, 240 Seiten, geb., e 19,80

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