Werbung
Werbung
Werbung

Jede Epoche macht sich ihr eigenes Mozartbild - eine Konstruktion, die stets mindestens ebensoviel mit der jeweiligen Zeit zu tun hat wie mit dem großen Komponisten. Der zackige arische Mozart, der vom Plakat der "Mozart Woche des Deutschen Reiches" 1941 herabblickt, ist ein in seiner völligen Ignoranz der historischen Figur besonders schlagendes Beispiel dafür. Doch kein wirklich ungewöhnliches. Denn auch die offizielle Ausstellung der Stadt Wien zum Mozartjahr 2006, fußt auf einem Mozartbild, das nichts weiter ist als ein Spiegel des beginnenden 21. Jahrhunderts.

Die Schau über Mozart und die Aufklärung in der Albertina imaginiert Mozart als Produkt und Player einer Zeit der Schnelllebigkeit und Beschleunigung, der über "virtuelle Tapetentüren" von Parallelwelt zu Parallelwelt switchte, vom glatten höfischen Parkett zum grünen Filz der Spieltische, von den harten Sitzen der Postkutschen in die Sphären der Musik. Eine "multiple Identität", eine nicht fassbare Person, wenn es nach Herbert Lachmayer geht, Leiter des Da Ponte-Instituts, das für die große Mozart-Schau verantwortlich zeichnet

Als Konsequenz des angeblichen Verschwinden des Subjektes Mozart entwirft die Ausstellung ein buntes Panorama des Zeitalters, in dem der Komponist lebte. Ein lobenswerter Ansatz, da ja das Rokoko von manchen immer noch als dekadente Endphase des Barock betrachtet wird. Doch die letzten Jahrzehnte vor 1800 waren nicht nur eine Epoche der Galanterie und des feinsinnigen Lebensgefühls, sondern das eigentliche Zeitalter der Aufklärung, zumal in Wien, wo unter dem reformfreudigen Kaiser Joseph II. ein reiches Geistes-und Kulturleben blühte. Begeisterung für das Experimentelle oder die Ideale der Freimaurerei gehörten zu den Ingredienzien jenes Zeitgeistes, der in der Schau unter anderem in medizinischen Wachspräparaten oder astronomischen Geräten zum Ausdruck kommt; der Freimaurerei ist ein eigener Ausstellungsteil gewidmet.

Da kommt Mozart zu kurz

Doch leider findet sich die genannte Sichtweise auf die Epoche in der Gestaltung der Ausstellung wieder, die sich als chaotische Fülle präsentiert, als Feuerwerk, bei dem alle Raketen zugleich explodieren. Inmitten der 1100 Ausstellungsstücke kommt Mozart eindeutig zu kurz, der dank hochkarätigster Objekte sehr wohl fassbarer ist, als es ein verschwurbelter kulturwissenschaftlicher Diskurs glauben machen will. Immerhin sind zwei der wenigen authentischen Porträts des erwachsenen Mozart zu sehen, dazu zahlreiche kostbare Autografen aus der Hand des Meisters, Notenblätter und Briefe. Für Experten oder Interessierte, die anlässlich des Jubiläums zumindest eine ausführliche Mozart-Biografie gelesen haben, eine wahre Fundgrube - der unbedarftere Besucher hingegen, der sich ohne vergangene Ausstellungen im Hinterkopf einfach nur anschauliche Information über Mozart erhofft, wird ratlos die an einen Luxusflohmarkt erinnernde Albertina verlassen.MK

Mozart

Experiment Aufklärung im Wien des ausgehenden 18. Jahrhunderts

Albertina, Albertinaplatz 1, 1010 Wien

www.albertina.at

Bis 20. 9. Do-Di 10-18, Mi 10-21 Uhr

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung