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Lorenzo Da Ponte dichtete die genialen Libretti für Mozarts berühmteste Opern - und war auch im Lebenswandel ein kongenialer Zeitgenosse.

Sein Name ist auf ewig mit dem Wolfgang Amadé Mozarts verbunden: "Le nozze di Figaro", "Don Giovanni" und "Cosi fan tutte" sind gemeinhin als die "Da Ponte-Opern" bekannt. Doch weitgehend unbekannt ist, wer dieser Lorenzo Da Ponte war, der die Libretti zu der genialen Triade dichtete, dem Höhepunkt im Opernschaffen Mozarts. Dabei verbirgt sich hinter dem klingenden italienischen Namen eine höchst spannende historische Gestalt: Als Verführer wandelte Da Ponte in den Fußstapfen Casanovas - mit dem er befreundet war -, er beherrschte für kurze Zeit das Opernleben Wiens und verbrachte seine letzten Lebensjahrzehnte in einer ganz anderen Welt, nämlich in den Vereinigten Staaten von Amerika, den ehemaligen englischen Kolonien, von denen damals niemand ahnte, dass in ihnen eine politische wie kulturelle Weltmacht heranwuchs. Das Jüdische Museum Wien hat das Mozartjahr zum Anlass genommen, der schillernden Nebenfigur eine eigene Ausstellung zu widmen - die übrigens in jeder Hinsicht gelungener ist als die offizielle Schau über den eigentlichen Jubilar in der Albertina (siehe rechts).

Priester & bunter Vogel

Als der 32-jährige Da Ponte 1781 nach Wien kam, hatte er nicht mehr in der Tasche als ein Empfehlungsschreiben. Er gehörte damals zu einer in der Kaiserstadt wie anderswo ungeliebten Gattung, der er selbst in der Figur des Don Basilio in "Le nozze di Figaro" ein Denkmal setzte: ein italienischer Abbé, der sich mit allen möglichen Diensten und Geschäften durchs Leben schlägt. Als Sohn eines jüdischen Lederhändlers im Ghetto von Ceneda geboren und im Alter von 14 Jahren mitsamt der ganzen Familie zum Christentum konvertiert, hatte er zuerst die Priesterlaufbahn eingeschlagen. Doch der Freigeist und Libertin war als Seelsorger eine Fehlbesetzung, bis zu seiner Ankunft in Wien war sein Leben eine Aneinanderreihung von Abenteuern gewesen, eine ständige Flucht vor Gläubigern, gehörnten Ehemännern sowie der kirchlichen und weltlichen Obrigkeit. Im Jüdischen Museum wird ein anonymer Brief gezeigt, in dem Da Ponte bei den Venezianischen Behörden angeschwärzt wird.

Kulturmanager Wiens

Eineinhalb Jahre nach seiner Ankunft vom Kaiser höchstpersönlich zum Dichter der italienischen Oper am Burgtheater ernannt, stieg Da Ponte zum begehrtesten Librettisten und mächtigsten Kulturmanager Wiens auf. Sein dandyhaftes Auftreten, seine Kleidung, sein Gang, seine Liaison mit einer sämtliche Klischees personifizierenden Primadonna waren stadtbekannt. 1786 wurden nicht weniger als sechs Opern auf Basis seiner Texte uraufgeführt, darunter "Le nozze di Figaro" und der Megaerfolg "Una cosa rara" von Vicente Mart\0xEDn y Soler.

Schlangengrube Opernszene

Doch Wiens Opernszene war schon damals eine Schlangengrube und Da Ponte machte sich viele Feinde. Er verlor alle Zähne, als ein gehässiger Konkurrent ihm riet, bei Zahnschmerzen mit Salpetersäure zu gurgeln; in der Ausstellung illustrieren künstliche Gebisse aus jener Zeit diese Begebenheit. Als 1790 sein Gönner Joseph II. starb, nahmen die Intrigen gegen Da Ponte überhand, er wurde demontiert, schließlich sogar polizeilich der Stadt verwiesen.

Mit seiner englischen Frau, die er 1792 - ohne Dispens von seiner Priesterweihe - in Triest heiratete, brach er nach London auf, wo er die nächsten 13 Jahre verbrachte. Als Poet des King's Theatre schrieb er weiter erfolgreich Opernlibretti, weniger erfolgreich waren seine geschäftlichen Unternehmungen. 1805 floh er vor Gläubigern in die usa, zuerst nach Philadelphia, dann nach New York. Als Branntwein-Destillateur, Delikatessen-und Putzwarenhändler und Apotheker machte er mehrmals bankrott, konnte sich aber als Buchhändler und Sprachlehrer etablieren. Da Ponte wurde zum Botschafter italienischer Kultur im noch unreifen Big Apple, für ihn wurde eigens eine Professorenstelle für Italienisch am Columbia College eingerichtet. Sein größtes Verdienst diesbezüglich war die Gründung des allerersten Opernhauses in New York, dem Italian Opera House, dem legitimen Vorgänger der Metropolitan Opera. Es ging zwar bankrott, aber nicht mangels Publikumszuspruchs, sondern aufgrund Da Pontes kaufmännischer Unfähigkeit.

Mozart war ihm egal

Als er 1838 hochbetagt verstarb, war er eine lokale Berühmtheit: Ausführliche Nachrufe erschienen in den Zeitungen und seine Beerdigung wurde als eindrucksvoll beschrieben.

Dass er durch seine drei Mozart-Libretti Unsterblichkeit erlangen würde, war dem Tausendsassa allerdings nicht bewusst. Weder setzte sich Da Ponte in seiner Londoner und in seiner New Yorker Zeit sonderlich für die Opern Mozarts ein, noch widmete er der Zusammenarbeit mit dem Komponisten viel Raum in seinen biografischen Werken - sehr zum Leidwesen der Musikhistoriker, die gerne tiefere Einblicke in die höchst befruchtende und inspirierende Kooperation zwischen den beiden Künstlern nähmen.

Lorenzo Da Ponte

Aufbruch in die Neue Welt

Jüdisches Museum Wien

Dorotheergasse 11, 1010 Wien

www.jmw.at

Bis 17. 9. tägl. 10-18, Do 10-20 Uhr

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