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Ausklang und Beginn
Mit zwei repräsentativen Konzerten wurden die großen Zyklen unserer beiden Konzertinstitute abgeschlossen. Im Großen Musikvereinssaal spielte Wilhelm Backhaus unter der Leitung von Eugen Jochum das Es-dur-Konzert von Beethoven und die Symphoniker die VII. Symphonie von Bruckner. Im Konzerthaus dirigierte Erich Kleiber die IX. Symphonie von Beethoven. (Die Symphoniker, die Singakademie und der Schubertbund waren die Ausführenden.) Die heurige Konzertspielzeit hatte glanzvoll begonnen und ist — wenigstens äußerlich — glanzvoll abgeschlossen worden. Noch einmal wurden uns von erstrangigen Künstlern in vollendeter Form große Meisterwerke vermittelt, und noch einmal hatten wir den erfreulichen und festlichen Anblick vollbesetzter und stürmisch akklamierender Säle. Der Wunsch, daß es auch in der kommenden Spielzeit so sein möge, begleitet unseren Blick in die Zukunft, auf die nächste Konzertsaison.
Gegenüber der Spielzeit 1947 48 sind einige vorteilhafte Veränderungen festzustellen. Die Zahl der Veranstaltungen, insbesondere der ungenügend vorbereiteten oder von mittelmäßigen Künstlern bestrittenen, ist zurückgegangen. Der Besuch der Kammerkonzert war besser. Unliebsame Überschneidungen wichtiger Konzerte wurden fast durchwegs vermieden. Nicht vermieden werden konnten dagegen Serienaufführungen beliebter Orchesterwerke, so daß man oft innerhalb weniger Wochen die gleichen Stücke von verschiedenen Dirigenten vorgesetzt bekam. Demjenigen, der berufsmäßig alle Konzerte zu besuchen hat, boten sich auf diese Weise interessante und lehr-
reiche Vergleichsmöglichkeiten, für den normalen Konzertbesucher aber stellt die planlose Programmgestaltung zweifellos einen Nachteil dar.
Was in einer Reihe von Konzerten, denen man besten Besuch wünschte, fehlte, war das Publikum. Daß hiefür hauptsächlich finanzielle Gründe bestimmend waren, wurde an dieser Stelle bereits ausgeführt und auch durch die ausverkauften Veranstaltungen etwa des Tonkünstlerorchesters bestätigt, das sich entschloß, Konzerte zu volkstümlichen Preisen zu veranstalten. — Finanzielle Schwierigkeiten ergaben sich vor allem bei Veranstaltungen mit neuer Musik, und diese vor allem haben zu der bereits mitgeteilten und kommentierten Zusammenlegung der beiden führenden Konzertunternehmungen Wiens geführt. — Wohl wird das Konzerthaus auch weiterhin eine Reihe von Veranstaltungen durchführen. Die Hauptlast aber’trägt nunmehr der Musi k v e r e i n, in dessen Großem Saal auch die Orchester- und Chorkonzerte des Konzerthauses stattfinden. Er übernimmt damit auch zwangsläufig die größere Verantwortung, nicht zuletzt auch die Verpflichtung zur Förderung junger Talente und zeitgenössischer Musik.
Die Erfahrung hat gelehrt, daß es für einen Großteil des Publikums wenig anziehend — und daher auch wenig zweckmäßig ist — Konzerte ausschließlich mit zeitgenössischen Autoren zu veranstalten. Daher empfiehlt sich auch für uns der in anderen Ländern, etwa in Frankreich, Deutschland oder Amerika, geübte Brauch, in Programme mit bewährter klassischer Musik je ein neues Werk aufzunehmen. Auf diese Weise besteht kaum mehr die Gefahr, das Publikum zu „vergrausen“, und eine
Aufführung im Rahmen eines repräsentativen Konzerts, von erstklassigen Künstlern bestritten, bedeutet für den jungen Komponisten eine wesentlich wirksamere Förderung als im Rahmen zeitgenössischer Abende, die — von wenigen Ausnahmen abgesehen — unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden und mit einem Defizit für die Veranstalter enden.
Es liegt in der Natur der Sache, daß bei der Planung und Programmgestaltung der verantwortliche geschäftliche Leiter ein gewichtiges Wort zu sprechen hat. Möge man aber auch der Verantwortung, die man dem Schaffen der Lebenden gegenüber trägt, stets eingedenk sein. Die Auswahl der zeitgenössischen Werke setzt freilich nicht nur Sachkenntnis voraus, sondern auch Teilnahme und ein Herz für die Bestrebungen der Jungen und Jüngsten. Daher erscheinen Verbindungen der Konzertunternehmer und verantwortlichen Leiter zu jenen Kreisen und Gesellschaften, die sich die Förderung zeitgenössischen Schaffens zur Aufgabe gestellt haben, als besonders begrüßenswert. Auf diese Weise, so hoffen wir, wird eine gesunde Synthese zwischen Alt und Neu, Tradition und Fortschritt zu verwirklichen sein. Möge in ihrem Zeichen die Programmgestaltung der neuen Konterspielzeit stehen.
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