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Der Beitrag der Bundestheater

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Die Wiener Festwochen unterscheiden sich grundsätzlich von den diversen Festivals, wie man sie in ganz Europa zwischen Frühling und Spätsommer in kaum noch überschaubarer Fülle zu feiern gewohnt ist. Die heute schon klassischen Salzburger- wie auch die Bregenzer Festspiele sind, um bei den markantesten österreichischen Beispielen zu bleiben, ihrer Struktur nach durch musik- und kunsthistorische Gegebenheiten sowie durch den nirgendwo sonst vorhandenen Zauber der sie umrahmenden Kulturlandschaft bedingt. Sie konzentrieren ein Maximum an außerordentlichen, der erlesensten Weltklasse zugehörigen Theaterabenden, Opernvorstellungen und Konzerten jeglicher Art auf eine Spielzeit von wenigen Wochen und haben damit den Vorteil einer durch die zeitliche Beschränkung erleichterten Auslese gewonnen.

Die musik- und theaterfreudige Weltstadt Wien hingegen hat, ihrem eigenen Werbeslogan nach „immer Saison”. Hier hat man — und ich spreche dem Amt gemäß, das zu verwalten ich die Ehre habe, auch in diesem Zusammenhang nur von den Bundestheatern, — hier also hat man nicht bloß ein paar Wochen, sondern volle zehn Monate lang ein Repertoire zu erstellen, das selbstverständlich auch dann, wenn nicht jeder Abend eine Stemstunde bringt, wie etwa den „Wallenstein” Leopold Lindbergs oder den „Falstaff” mit Visconti und Bernstein jenes Niveau halten muß, das der immer noch ersten Sprechbühne des deutschsprachigen Raumes und dem eines Opernhauses von unbestrittenem Weltrang entspricht.

Es kann daher auch nicht die Aufgabe der Bundestheater sein, das überreiche Programm der Wiener Festwochen, die zugleich Repräsentation der künstlerischen wie der geistigen Kapazität der Bundeshauptstadt, eine zugkräftige Attraktion für zehntausende Gäste aus aller Welt und ein nach dem Willen ihres Begründers, des nunmehr emeritierten Kulturstadtrates Hofrat Hans Mandl, ganz Wien umfassendes Volksfest sein sollen, ihrerseits über Gebühr zu belasten. Sie sind, was sie neun Monate lang sind, auch im zehnten, dem Festspielmonat: das Herzstück der Wiener Theaterkultur und demgemäß in erster Linie bemüht, das künstlerische Ansehen der Bundeshauptstadt, in der sie beheimatet sind, durch die Darbietung eines besonders abwechslungsreichen, sauber geprobten und ihrer Weltgeltung entsprechenden Spielplanes zu demonstrieren.

So bringt beispielsweise die Wiener Staatsoper am ersten Festwochenabend, dem 22. Mai laufenden Jahres, eine Aufführung der „Meistersinger von Nürnberg” unter der musikalischen Leitung von André Cluytens heraus und läßt ihr am 30. Mai den „Tannhäuser” unter Sawallisch, sowie am 3., 5., 8. und 12. Juni den „Ring des Nibelungen” unter Leopold Ludwig folgen. Selbstverständlich wird während der heurigen Festwochen auch der Welterfolg der Wiener Staatsoper, die schon erwähnte Neuinszenierung des „Falstaff”, dreimal in der Premierenbesetzung und unter der musikalischen Leitung von Argeo Quadrj gezeigt. Als wejt ye Verdi- Opetn sind„Othello” (unter “Josef “kripsj,

„Don Carlos” (unter Sawallisch) und „Aida” (unter Amaducci) vorgesehen. Von den Neuinszenierungen der vergangenen Saison zeigt die Staatsoper in ihrem Festwochenprogramm den „Barbier von Sevilla”, „Die Entführung aus dem Serail”, „Elektra”, „Carmen”, „Die Zauberflöte”, „Salome” und schließlich einen Ballettabend mit „Taneredi e Cantilena”, „Serenade” und „Les Noces”, der von drei Choreographen von Weltrang gestaltet sein wird: Baianchine, Milloss und Nurejew.

Das Burgtheater ist in seinen beiden Häusern mit insgesamt 66 Vorstellungen an den Wiener Festwochen beteiligt und plant die Erweiterung seines sehr abwechslungsreichen, von Grillparzer über Hofmannsthal, Schnitzler, Bahr, Gogol, Shakespeare, Lessing und Schiller bis Günther Grass reichenden Repertoires durch zwei Neuinszenierungen typisch österreichischer Prägung, und zwar soll im Burgtheater „Der Bauer als Millionär” von Ferdinand Raimund in allererster Besetzung gezeigt werden, während das Akademietheater „Frühere Verhältnisse” und „Der Affe und der Bräutigam” von Nestroy gleichfalls in einer nur in Wien möglichen Idealbesetzung herausbringt.

In der Volksoper werden die Festspielgäste außer Gershwins „Porgy and Bess” eine Reihe von Opern besuchen können, die in den jüngst vergangenen Jahren mit großem Erfolg am Währinger Gürtel gegeben wurden, wie etwa „Rusalka”, „Hoffmanns Erzählungen”, „Die spanische Stunde”, „II Cam- piello” und die knapp vor dem Auftakt zu den Wiener Festwochen neu einstudierte „Martha” von Flotow.

Das Repertoire wird durch ein Gastspiel der Vereinigten Bühnen Graz mit „Attila” von Guiseppe Verdi ergänzt. Die leichtere Note ist durch die großen Operettenerfolge der Volksoper wie etwa „Die Fledermaus”, „Frühjahrs-

parade”, „Der Zigeunerbaron”, „Die lustige Witwe”, „Der Graf von Luxemburg” und „Gräfin Mariza” vertreten.

Die Auswahl der Stücke und die Reichhaltigkeit des Spielplanes in allen drei Häusern beweisen, wie sehr sich die Bundestheater bemühen, dem Sinn, dem Geist und dem Zweck der Wiener Festwochen gerecht zu werden.

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