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Festivalitis!
Als Karajan in den sechziger Jahren seine Salzburger Osterfestspiele gründete, war das ein künstlerisches Anliegen: Erbost reagierte er auf Streitereien an der Wiener Staatsoper. Er wollte endlich seine künstlerischen Wagner-Visionen verwirklichen können und machte Salzburg mit seinem Oster -festival, daneben aber mit den Sommerfestspielen und seinen Pfingst-konzerten zu einem „karajanischen Imperium”. Dreißig Jahre danach haben Kultur- und Tourismusmanagement dieses Vorbild entdeckt: Festivals zu gründen, ist der neue Hit.
Baden-Baden bestellte etwa beim Wiener Stararchitekten Wilhelm Holzbauer ein eigenes Festspielhaus, das nun präsentiert wurde. Und die Erben Karajans, die in Salzburg zwar die Osterfestspiele betreiben, heuer aber zum letzten Mal Pfingstkonzerte veranstaltet haben, werden sich auch dort engagieren. Als Ersatz dafür kündigte Salzburg für 1998 ein neues Barock-festival zu Pfingsten an, das in internationaler Kooperation Opern und Oratorien zu entsprechenden Luxuspreisen bieten wird.-
Auch Wien ruhte nicht: Heuer zelebrierte man erstmals den Wiener „Osterklang” mit Philharmonikern und szenischen Aufführungen.. Gegen Salzburg. Und hat bereits seine Luxusplanung bis zum Jahr 2000 vorgelegt.
Das ließ München nicht ruhen: Schon 1998 könnte Lorin Maazel mit seinem Bayrischen Bundfunk-Sinfonieorchester im neuen Prinzregententheater Osterkonzerte und Opern dirigieren. Und während etwa in Frankreich renommierten Festivals wie Aix-en-Provence das totale Finanzdebakel droht, stürzte sich der rührige Wiener Alexander Pereira in Zürich in ein neues Festspiel-Abenteuer: Er inszeniert im Juli erstmals sein Zürich Festival. Mit Stars wie Nikolaus Harnoncourt.
Den internationalen Ereignissen, die alle den Festspiel-Müttern Bayreuth, Salzburg und Bregenz, aber auch Italiens großen Festen Konkurrenz machen, steht allein in Österreich eine Flut von weiteren zwei Dutzend Unternehmungen gegenüber: Theater (inklusive Operette) von Bregenz bis Mörbisch ...
Alle reden natürlich von künstlerischen Visionen - und viele bemühen sich um Eigenständigkeit. Ein Hauptanliegen scheint indes der Wunsch der Tourismusbranche zu sein, Tourismusflauten zu überbrücken. Aber werden dabei überhaupt die Bedarfslage und die Nachfrage geprüft? Können Kunstfreunde dieses (Über-)Angebot noch verkraften? Es wird sich zeigen-
Nur zu leicht könnten viele die Festival-Inflation als „Festivalitis” empfinden. Und was gibt's für Wirtschaftsprognostiker Schlimmeres als die Konsumverweigerung?
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