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HANS RICHTER

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Vor 50 Jahren, am 5. Dezember 1916, starb im Alter von 73 Jahren in Bayreuth Hans Richter, der berühmte Meister des Taktstocks. Ein Abglanz vom Ruhme Richard Wagners ist auf seinen ergebenen Freund und getreuesten Interpreten gefallen, der in drei Städten künstlerische Heimatberechtigung erworben hatte: in Wien, in Bayreuth und in London. Für das Kunstleben Wiens ist Hans Richter viele Jahre hindurch tonangebend gewesen. Er hatte sich nicht nur für Wagner, sondern auch für Bach, Bruckner, für Brahms und Richard Strauss werktätig eingesetzt.

Hans Richter wurde als Sohn des Domkapellmeisters Anton Richter am 4. April 1843 in Raab geboren. Er studierte am Wiener Konservatorium, nachdem er seine Musikbegabung schon als Sängerknabe der Hofkapelle erwiesen hatte. Vier Jahre lang war Hans Richter im Orchester des Kärtnertortheaters als Hornist tätig. Dann kam er nach Luzern zu Wagner, um dort die „Meister- singer“-Partitur zu kopieren. Wagner empfahl den jungen Musiker als Chordirigent nach München, wo Hans von Bülow gerade die „Meistersinger" zur Aufführung vorbereitete. Richter übernahm die Aufgabe, den Chor einzustudieren. Im Mai 1875 berief der Wiener Akademische Wagner-Verein Hans Richter, der am Budapester Nationaltheater Kapellmeister und zeitweilig auch Direktor war, zur Leitung eines für den Bayreuther Fonds veranstalteten Konzerts. Der Erfolg Richters in diesem Konzert führte zum Engagement an die Hofoper, der Richter ununterbrochen bis zum Jahre 1900 als Kapellmeister angehörte. Zweimal wurde ihm hier die Direktion angeboten, beide Male hat Richter das Angebot ausgeschlagen.

Hocherkannt war Richter auch in England. Von der Oxforder Universität wurde er zum Doktor der Musik promoviert. Richard Wagner hatte ihn im Jahre 1876 zur Leitung des ersten „Nibelungen"-Zyklus im neuerbauten Festspielhaus in Bayreuth auserkoren. Als Dirigent hat Hans Richter fast in allen Festspieljahren in Bayreuth gewirkt. Seine größten Leistungen in Wien hat Hans Richter vielleicht nicht sosehr an der Hofoper als bei den Philharmonikern vollbracht. Besonders gerühmt wurde an ihm die majestätische Ruhe, mit der er das herrliche Orchester leitete. Er konnte selbst die schwierigsten Werke der Opern- und Symphonieliteratur auswendig dirigieren.

Über Hans Richter gibt es unzählige Anekdoten, zwei seien hier angeführt:

Eine Sängerin, die beharrlich falsch sang, erschöpfte schließlich des Dirigenten Geduld. So wandte er sich denn an die Künstlerin: „Madame, wollen Sie vielleicht die Güte haben, dem Orchester Ihr ,a‘ anzugeben?“

Hans Richter war auf einer Abendgesellschaft gewesen und am folgenden Tage von einer Dame, die nicht zugegen gewesen war, bestürmt worden, ihr darüber zu berichten. Sie wollte besonders über die Toiletten der Damen orientiert werden. Richter antwortete kurz, aber witzig: „Gnädige Frau, überm Tisch war nichts, und untern Tisch habe ich nicht geschaut."

Im Jahre 1911 hat Hans Richter England verlassen, um in der Heimat seinen Lebensabend in Ruhe zu verbringen. Sein 70. Geburtstag im Jahre 1913 gab der gesamten internationalen Musikwelt die letzte Gelegenheit, ihm ihre Liebe und Verehrung zu beweisen.

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