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Kontinente hören in der„Missa Pack”

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Als ich frage, ob ich ihn zu den drei bestverdienenden Komponisten Österreichs zählen darf, fühlt er sich beflissen, mich zum Eiskaffee einzuladen. Der gebürtige St. Pöltner Roland Baumgartner hat als Dirigent und Komponist mit Orchestern gearbeitet, Filme wie „The secret of the black dragon” und über 80 Fernseharbeiten vertont (vgl. Furche 37/94), für Margot Werner, Helmut Lohner und Peter Lodynski geschrieben.

Der Vierzigjährige schrieb mit neun Jahren seine erste Jazz-Symphonie. Schlüsselerlebnis war Gershwins „Rhapsody in Blue” - „Das war der Einstieg in eine neue Musikzeit.” Mit 18 hatte er am Konservatorium in Wien Klavier, Trompete und Komposition absolviert, studierte dann bei Hans Gal, dem nach England emigrierten Österreicher. Bernsteins Wort - „in der Musik muß alles wahnsinnig gut sein, sonst ist es nicht notwendig” - war mehr wert als jahrelanger Kompositionsunterricht. Mit 21 war er jüngster Direktor eines österreichischen Musikschulwerkes in Salzburg.

„Für mich zählt auf dieser Welt Pluralismus und Akzeptanz unterschiedlicher Dinge. Abgegrenztheit ist nicht mehr tragbar.” Leiden nicht viele unserer Komponisten an selbstgebauten Unüberwindlichkeiten? „Es liegt an den Leuten selbst.” „Es gibt bei uns nur Selfmademen unter den Komponisten”, sagt Baumgartner -und hat sich selbst ausgenommen: Er konnte sich schon sehr früh einen Manager leisten: „Alles außer dem Komponieren sollte man delegieren.” Die Besetzung der Bonner Aufführung 1994 seiner „Missa Paris” mit dem

Stabsmüsikkorps bewog den Humanisten Baumgartner, den Manager zu wechseln. „Obwohl - mir ist lieber, die spielen meine Friedensmesse als sie blasen zum Krieg.”

„Ich will mich mit dem Thema in Einklang bringen. Dann sind auch die Zuhörer im Einklang.” Das Geheimnis seines Erfolgs? „Geld ist kein Kriterium, sondern Fleiß.” Als die „Missa Paris” 1987 von einer amerikanischen Jury ausgewählt wurde, stand Kurt Waldheim auf der Watchlist und der junge Komponist mußte eine Prüfung einer etwaigen Nazi-Vergangenheit vor Simon Wiesenthal bestehen - was schon wegen seines Alters nicht zutraf. Die siebzig Minuten dauernde Messe verkörpert im Gloria-Amerika, im Credo Afrika, im Sanc-tus Asien, im Benedictus Lateinamerika. Afrikanische Trommler und die Wiener Mozart Sängerknaben, Pop-und Rocksänger wirkten mit.

In Linz wird heuer ein Musikband gespielt, weil es so gut zum Thema „Fünfzig Jahre Frieden” paßt (und weil ein anderer Plan des Komponisten, eine „Symphonia globalis” noch nicht verwirklicht ist). „Mir ist das wichtigste, daß die Friedensbotschaft umgesetzt wird. Ich will Bewegtheit bringen, und dazu brauche ich Kom-merzialität. Wir haben hier Festspiele, die zusehr auf die Vergangenheit ausgerichtet sind. Es würde keinen Mozart geben, wenn die Leute damals - ähnlich unserer Haltung heute -nur Monteverdi gehört hätten.”

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