Wiener Konzerthaus: Matthias Naske hofft auf baldige Wiedereröffnung
Wie viele andere Kulturmanager des Landes ist auch Matthias Naske der Krise inzwischen müde und hofft, dass das Wiener Konzerthaus seine Pforten bald wieder öffnen darf.
Wie viele andere Kulturmanager des Landes ist auch Matthias Naske der Krise inzwischen müde und hofft, dass das Wiener Konzerthaus seine Pforten bald wieder öffnen darf.
Wenigstens bis Anfang Jänner bleiben Theater und Konzerthäuser, die längst vor große Herausforderungen gestellt sind, geschlossen. Wie kann es gelingen, die Bälle trotzdem hochzuhalten, selbst wenn diese Krise noch andauern könnte? Ein Gespräch mit dem Intendanten der Wiener Konzerthausgesellschaft Matthias Naske.
DIE FURCHE: Ein zweiter Lockdown hat Kunst und Kultur erneut lahmgelegt, trotz größter und erfolgreicher Schutzmaßnahmen. Kunst und Kultur gelten nicht mehr als systemrelevant. Wie fühlt man sich als einer der führenden Kulturmanager dieses Landes?
Matthias Naske: Wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen werde auch ich nach neun Monaten der Krise müde. Der Grad der Unberechenbarkeit und das Disponieren auf Sicht ist im Live-Veranstaltungsbereich ungewöhnlich und eine Riesenbelastung. Die konkrete materielle und emotionale Not in der künstlerischen Szene trifft nicht nur die kreativen Partner, sondern auch das begleitende Gewerbe – etwa Künstleragenturen, die aus purem Überlebenskampf übertriebene Kompensationsforderungen stellen, dabei vergessen, dass wir alle in demselben Boot sitzen.
DIE FURCHE: Wie beurteilen Sie grundsätzlich, dass die Politik Kunst und Kultur so wenig ernst nimmt?
Naske: Auch mich hat die Formulierung „Kulturverliebte“ irritiert. Der Begriff ist in dem gegebenen Zusammenhang diskreditierend. Aber angesichts der Komplexität der Lage und der daraus resultierenden Herausforderungen sollten wir einzelne Worte nicht auf die Goldwaage legen.
DIE FURCHE: Hat das Musikland Österreich mittlerweile abgedankt?
Naske: Es gibt kein besseres Publikum als das Publikum in diesem Land. Die Qualität des kulturellen Lebens reicht über die Legislaturperiode von Regierungen weit hinaus: Regierungen kommen und gehen. Das Bild des Musiklandes Österreich wird so lange lebendig bleiben, solange professionell geführte Kultureinrichtungen sich in den Dienst der Menschen in all ihrer Vielfältigkeit stellen. Die bildgebende Kraft, die mit dem kulturellen Geschehen in Österreich verbunden ist, wird von politischen Amtsträgern in den gesellschafts- und demokratiepolitischen Dimensionen, wie auch der volkswirtschaftlichen Perspektive, kontinuierlich unterschätzt. Das ist ein Phänomen der Gegenwart, nicht nur in Österreich. Aber ein gewisser, gerade in der Krise sichtbarer Mangel an Verständnis ist evident.
DIE FURCHE: Wie viel ist dem Wiener Konzerthaus, das nicht nur als Veranstalter auftritt, sondern auch seine Räumlichkeiten vermietet, bisher durch Corona verloren gegangen?
Naske: Das Wiener Konzerthaus wird seit seiner Eröffnung im Oktober 1913 von einem privaten Verein getragen. Die damit verbundene Abhängigkeit von der Resonanz bei möglichst vielen Menschen ist eines der Fundamente des Erfolgs dieses Hauses. Wir müssen uns mit einem klaren Bekenntnis zur künstlerischen Exzellenz möglichst nah an möglichst vielen Menschen positionieren, agil und schnell reagieren. In sehr kurzer Zeit haben wir den über 900 Veranstaltungen umfassenden Spielplan rasch adaptiert und an die Corona-Bedingungen angepasst. Ab 25. August, im September und Oktober hatten wir ein vielfältiges, lebendiges, kraftvolles Programm. Seit dieser Zeit steht der Spielbetrieb wieder vollkommen still, das hat schwerwiegende betriebswirtschaftliche Konsequenzen. Und ja, auch das Wiener Konzerthaus erhält zusätzliche Unterstützungen vom Bund und der Stadt Wien, kann Instrumente wie Kurzarbeit anwenden. Zurzeit muss ich mit einem Defizit von etwa 2 bis 2,5 Millionen Euro rechnen, letztendlich hängt alles vom Wiedereröffnungszeitpunkt ab.
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