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Die neue "Walküre" an der Staatsoper: nahe bei Wagner, Einklang von Musik und Regie.

Es ist der schlimmste Alptraum jedes Opernsängers: Dass ihm bei einer Premiere, noch dazu bei einem musikalischen Großereignis an einem der bedeutendsten Opernhäuser der Welt, die Stimme versagt. Genau das passierte dem finnischen Bassbariton Juha Uusitalo bei der Premiere von Richard Wagners "Walküre" letzten Sonntag an der Wiener Staatsoper. Der arme Kerl konnte den Wotan nicht mehr weitersingen und musste im dritten Akt seine Rolle stumm spielen, während der per Handy aus einer Pizzabude am Westbahnhof als Ersatz herbeigerufene Oskar Hillebrandt am Rand der Bühne sang. Das Publikum reagierte seinen Unmut an Direktor Ioan Holender ab, als dieser vor der Vorhang trat, um sich für den Vorfall zu entschuldigen. Holenders Appell "Bitte berücksichtigen Sie, dass Sänger auch nur Menschen sind" beherzigend, zollten die Zuschauer am Ende Uusitalo und Hillebrandt respektvollen Applaus.

Die Panne bei der Premiere

Besucher zukünftiger "Walküre"-Aufführungen werden wohl keine derartige, die gesamte Vorstellung in Mitleidenschaft ziehende Panne in Kauf nehmen müssen. Sie werden in den vollen Genuss einer exzellenten Aufführung kommen, in welcher der umjubelte Franz Welser-Möst ein entfesseltes Staatsopernorchester dirigiert und in der sich die Regie nahe bei Wagner und in Einklang mit der Musik befindet.

Regisseur Sven-Eric Bechtolf hat "Die Walküre" zuerst einmal als Mythos in Szene gesetzt, dessen Protagonisten auch eindeutig als mythische Gestalten erkennbar sind: Wotan hält einen Speer in Händen, Brünnhilde (schwach: Eva Johansson) trägt eine Art Brustpanzer. In die Höhe ragende Baumstämme beschwören den tief in der deutschen Seele verankerten Topos Wald. Umschlossen wird die von Rolf Glittenberg gestaltete Bühne von einer weiß gestrichenen Wandtäfelung. In diesem Rahmen, gleichsam auf einer Bühne in der Bühne, findet das vom Regisseur angekündigte Kammerspiel statt: Die Figuren sind nämlich als Menschen aus Fleisch und Blut gezeichnet, die zutiefst menschliche Konflikte mit sich und untereinander ausleben - wenngleich es sich um Extremsituationen handelt: dass sich erotische Leidenschaft zwischen Zwillingen (hervorragend beide: Nina Stemme als Sieglinde und Johan Botha als Siegmund) Bahn bricht oder dass ein Vater seinen Sohn opfert und seine Tochter verstößt, kommt schließlich nicht alle Tage vor. Nur an einer Stelle entfernt sich die Regie ein wenig von Wagners Vorgaben: den berühmten "Walkürenritt" inszeniert Bechtolf als wilde Jagd starker Frauen auf Männer in Strampelanzügen.

Oper als Dialog

So wie Bechtolf das Zwischenmenschliche betont, legt auch Welser-Möst größtes Augenmerk auf die dialogischen und erzählenden Passagen der Oper. Dort entfaltet das Orchester kunstvoll das feine Gespinst der Leitmotive, dort können die Sänger die Chance nutzen, ihre Worte mit größtmöglicher Genauigkeit zu bilden. Die Folge ist eine außergewöhnlich gute Verständlichkeit - auch wenn es wegen der eigentümlichen Sprache Wagners durchaus hilfreich ist, den Text auf der Untertitel-Anlage mitzulesen.

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