Neue Führung der österreichischen Muslime

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Fast ein Jahr dauerten Wahlvorgänge in der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich IGGiÖ. Mit der Wahl des Präsidenten am 26. Juni endete die zwölfjährige Amtszeit des gebürtigen Syrers Anas Schakfeh, der die neue IGGiÖ-Verfassung nach zähem Ringen auf den Weg gebracht hatte.

Erstmals weist die IGGiÖ nun eine repräsentative Legitimität vor. Angesichts des komplizierten Registrierungs- und Wahlmodus verbucht es die Glaubensgemeinschaft als Erfolg, dass sich mehr als 124.000 Muslime registrieren ließen - damit wurde fast ein Viertel der geschätzten halben Million in Österreich lebenden Muslime erfasst. Wahlberechtigt waren davon aber nur jene 27.000, die auch die Umlage von 40 Euro erlegt hatten. Die Wahlbeteiligung lag letztendlich bei 75 Prozent. 225 Moschee-Gemeinden bzw. Fachvereinigungen hatten sich an den Wahlen beteiligt - auch dies stellt einen "Rekord“ dar. Mit acht Gegenstimmen wurde Fuat Sanaç vom 61-köpfigen Schurarat, dem "Legislativorgan“ der IGGiÖ, zum Präsidenten der Glaubensgemeinschaft gekürt.

Auffälligstes Wahlergebnis ist die landesweite Dominanz der großen türkischen Verbände - die der konservativ-islamischen Milli-Görüs-Bewegung nahe stehende "Islamische Föderation“, der auch Sanaç zuzurechnen ist, sowie der zahlenmäßig größte Verband ATiB, der von der Religionsbehörde in Ankara kontrolliert wird. Auch in den einzelnen Religionsgemeinden, die den Bundesländern entsprechen, kommen die leitenden Funktionäre aus diesen Verbänden.

Dominanz der türkischen Dachverbände

Zum Vizepräsidenten der IGGiÖ wurde der Linzer ATiB-Vertreter und Religionslehrer Nebi Uysal gewählt. Uysal ist auch der Übersetzer/Verfasser der beiden Volksschullehrbücher für den Islamischen Religionsunterricht, die vor einigen Jahren wegen missverständlicher Illustrationen zum Thema Märtyrer in die Kritik geraten waren. Die Bücher werden zurzeit ebenso überarbeitet wie der Lehrplan für den Religionsunterricht. Als Leiter des Schulamtes ist IGGiÖ-Präsident Sanaç in die Verhandlungen dazu führend eingebunden. Nach seinen Angaben ist der Lehrplan dem Inhalt nach bereits mit dem Ministerium akkordiert, es gehe lediglich noch um einige "literarische Fragen“, so Sanaç. Auch die neuen Lehrbücher seien auf Schiene.

Die bisher in der Führung der IGGiÖ stark repräsentierten arabischen Muslime sind in der neuen Konstellation kaum sichtbar. Nachfolger von Fuat Sanaç an der Spitze des Schurarates ist der albanischstämmige Zekirija Sejdini. Der ägyptische Arzt Ahmet Hamidi war ja wegen seiner Aussagen zum Schwimmunterricht für Mädchen schon zwei Tage vor der Neuwahl als Vizepräsident der IGGiÖ zurückgetreten. Auch ein weiteres bekanntes "Gesicht“ der österreichischen Muslime hat eine neue Funktion: Carla Amina Baghajati, langjährige Medienreferentin und somit Sprecherin der IGGiÖ, wechselt an die Spitze des Frauenreferates der Glaubensgemeinschaft.

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