Stefan Aust, 14 Jahre Chef des Spiegel, versucht mit Die Woche den Neustart als Magazinmacher. Seine Wunschpartner WAZ und Springer sprangen zwar ab, bemerkenswert ist dennoch nicht nur der Titel des Projekts: Die Woche hieß auch des früheren stellvertretenden stern-Chefs Manfred Bissingers engagierte Konkurrenz zu Die Zeit von 1993 bis 2002.
Aust wurde 1994 Chefredakteur des Spiegel. Denn dieser litt unter dem damals ein Jahr alten Focus ähnlich wie das profil unter dem 1992 gegründeten News. Also beförderte Europas größtes Nachrichtenmagazin keinen Großschreiber, sondern einen Bild(er)macher an seine Spitze. Aust hatte Spiegel TV aufgebaut. Visualisierung und Personalisierung brachten neues Leben in die anonymisierte Textwüste des Spiegel. Schreiber hatten plötzlich Namen, und es gab kein Wichtigkeiten-Interview mehr ohne Aust. Samt Manierismen wie dem Start mit „Herr“ oder „Frau“ und dem Schluss mit „Wir danken für dieses Gespräch“.
2008 musste Aust dennoch gehen. Matthias Müller von Blumencron hatte sich für die Nachfolge ähnlich wie sein Vorgänger durch Erfolg in einer anderen Mediengattung qualifiziert. Er war Chefredakteur von Spiegel Online. Erst musste die Schrift das Bild lernen, jetzt geht es um multimediale Konvergenz. Mittlerweile reüssiert neben dem Spiegel auch erneut Die Zeit zum Blättern, geht es in Österreich dem profil wieder gut und in der Schweiz der Weltwoche. Zeitschriften wie Datum, Brand eins und Cicero wurden wider schlechteren Rat gegründet und haben Publikumserfolg. Sogar die einstigen Nivellierer Focus und News suchen nun zumindest den höheren Anspruch. Je mehr seichte Unterhaltung Papier verbraucht, desto weiter wird die Nische für vertiefende Information. Dass der einstige Privat-TV-Mann Stefan Aust seine Zukunft im Print-Bereich sieht, ist das jüngste Indiz für neue Refugien im Blätterwald.
* Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst
