Neuer Anlauf für einen alten Welterfolg

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Siebzehn Jahre stand die erste Volksopernproduktion von "Kiss me Kate“ auf dem Spielplan. Jetzt lädt das Haus am Währinger Gürtel zur fünften Neuproduktion dieses Porter-Musicals.

Erfolge darf man nicht aus der Hand geben. Auch wenn es nicht immer gelingt, sie zu wiederholen. Das weiß man auch an der Volksoper. Mit ihrer längst legendären, dem damaligen Dramaturgen Marcel Prawy zu dankenden Erstproduktion von "Kiss me Kate“ legte sie den Grundstein für die folgende Musicalbegeisterung hierzulande, die sich in späteren Jahren auch im Theater an der Wien fortsetzte. Dass sich nicht so ohne Weiteres an diese mehr als eineinhalb Jahrzehnte laufende Produktion anknüpfen ließ, musste das Haus am Währinger Gürtel mit den darauf folgenden drei Neuinszenierungen dieses Cole Porter-Welterfolgs, die aus verschiedenen Gründen unterschiedlich aufgenommen wurden, erfahren.

Jetzt nimmt man einen neuerlichen Anlauf für diesen Musical-Klassiker, setzt dabei auf einige Debütanten, eine neue Orchestrierung und spielt in einer deutschen Neufassung von Peter Lund. Alleine deswegen heißt es, sich umzugewöhnen - auch was die Inszenierung von Bernd Mottl anlangt. Wollte er demonstrieren, dass es stets Zeit benötigt, ehe sich eine Produktion zu einem stimmigen Ganzen fügt? Jedenfalls dauert es, bis die Produktion zu ihrem Tempo findet, was freilich auch dem Dirigat des jungen Lorenz C. Aichner geschuldet ist. Er scheint für sich noch nicht ausgelotet zu haben, was in dieser Partitur steckt, wie differenziert er sie mit dem Jahrzehnte musicalerfahrenen Volks-opernorchester darstellen kann. Einiges mehr an Schwung, an pointiertem Pfiff, auch ein stärkeres Eingehen auf die Persönlichkeiten und Möglichkeiten der Sänger kämen der Produktion gewiss zugute.

"Wunderwelt“-Hefte-Ästhetik

Vor allem würde dies die etwas starre Szenerie wesentlich auffrischen. Gewiss, Bernd Mottl nutzt die Drehbühne des Hauses geschickt für die verschiedenen Auftritte seiner Protagonisten, Friedrich Eggert zeichnet für das offenkundig von Comics, aber auch der seinerzeitigen "Wunderwelt“-Hefte-Ästhetik inspirierte, das Sujet etwas ins Märchenhafte führende Bühnenbild verantwortlich. Die Charakterisierung der Personen hätte indes deutlicher, ihre Führung um einiges selbstverständlicher ausfallen können. Natürlich haben es die Hauptdarsteller gemessen an so manchen Vorbildern gerade in diesem Stück an der Volksoper nicht leicht. Alleine schon die gezierte Harmlosigkeit, mit der die beiden Ganoven - auch stimmlich nicht gerade ideal besetzt mit Boris Eder und Herbert Steinböck - auftreten, verwundert. Erst recht, mit wie wenig Witz sie ihren populären Kalauer "Schlag nach bei Shakespeare“, wofür sie immer wieder in andere Shakespeare-Kostüme schlüpfen, vortragen.

Kate schlägt Petruchio

Steif der von Kurt Schreibmayer, der in einem weißen Anzug auftritt, dargestellte Harrison Howell. Gerade mit diesem gelackten Auftritt aber lässt er keinen Zweifel, weshalb sich Lilli Vanessi schließlich doch nicht für ihn, sondern ihren Ex-Mann Fred Graham entscheidet. Selbst wenn man dem Volksoperndebütanten Andreas Lichtenberger, der vorderhand auch vokal einiges schuldig bleibt, die unterschiedlichen Facetten seiner beiden Rollen (Fred und Petruchio) noch nicht ganz abnimmt, bedingt nur seine Wandlung gegenüber seiner Ex-Frau glaubt, die Franziska Becker (auch sie ein Hausdebüt) ungleich selbstbewusster und akkurater darstellt. Wie wenig sich in Zukunft diese widerspenstige Kate wird zähmen lassen, zeigt sie freilich am Ende der Inszenierung, wo sie Freds Bitte um Versöhnung damit beantwortet, dass sie ihm mit dem Fuß kräftig auf die Hand tritt.

Johanna Arrouas gibt die ins Kindlich-Naive gewendete Bianca/Lois, wenig auffällig Robin Poell in der Doppelrolle Lucentio/Bill. Gut studiert die Chöre (Thomas Böttcher), untadelig die von Alonso Barros choreografierten Balletteinlagen, zum Ambiente passend die zwischen Gegenwart und stilisierter Historie changierenden Kostüme. Eine insgesamt durchwachsene Produktion, die - das lehrt auch die Geschichte ihrer Vorgänger - im Laufe der Jahre an Dichte und Intensität wohl noch zulegen wird.

Weitere Termine

9., 11., 18., 26. November

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