Neuer Glanz, alte Regie-Mätzchen

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Klagenfurter Stadttheater mit "Hoffmanns Erzählungen" und Jonke-Uraufführung wiedereröffnet.

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Klagenfurter Stadttheater mit "Hoffmanns Erzählungen" und Jonke-Uraufführung wiedereröffnet.

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Nach zwei Jahren des Umbaues wurde das Stadttheater Klagenfurt wieder eröffnet. Der Zubau eines Trakts für Probenräume, Werkstätten, Büros durch Architekt Günther Domenig ist funktionell und harmoniert mit dem alten Jugendstilgebäude des Theaters. Der Zuschauerraum strahlt in gelb, weiß und gold, wie es seinerzeit Helmer und Fellner geplant hatten. Die Eröffnungspremiere brachte Jacques Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen" in einer Fassung ohne Spiegelarie und Sextett im Antonia-Akt, endend mit dem Giulietta-Akt. Gesungen wurde in französischer Sprache, wodurch die gewaltsame Umdeutung des Librettos durch Regisseur Olivier Tambosi verschleiert wurde.

Denn das Regiekonzept macht Frauenfeindlichkeit zum Kernthema der Oper: Hoffmann vernichtet die Frauen und löst sich damit aus seiner Schaffenskrise. Olympia fällt betrunken, süchtig oder somnambul in die Hände von Ärzten. Giulietta wird von Hoffmann erstochen. Die Muse sitzt am Ende ebenfalls zerstört im ärmlichen Dachkämmerchen. Gesungen wurde durchschnittlich oder darunter. Christiane Boesinger in allen vier Frauenrollen war am besten als Antonia, sonst wie Wolfgang Bünten als Hoffmann überfordert. Gut machten sich Roswitha Grabmeier als Niklas und Andrew Golder als vierfacher Bösewicht. Das Orchester unter Alexander Drcar hielt sich wacker.

Die Schauspielpremiere brachte die Uraufführung von Gert Jonkes "Es singen die Steine", ein Stück Naturtheater. Ulrich Wildgruber fällt in einem Wald vom Himmel und nimmt seinen Weg durch die Bereiche der menschlichen Gesellschaft. Aber die Handlung ist nicht wichtig, die Sprache ist es. Jonke steht in der Tradition von Nestroy, Raimund, Herzmanovsky-Orlando und hat die Fähigkeit, alltägliche Ereignisse in Poesie und Phantasie zu hüllen. Subtiler Witz und Entlarvung gesellschaftlicher Mißstände heben das Stück in unsere Zeit, ohne den Holzhammer zu schwingen.

Regisseur Ernst M. Binder führt mit behutsamer Hand, stellt das Stück in den Vordergrund, nicht sich selbst. Bühnenbild (Luise Czerwonatis) und Kostüme (Svetlana Visintin/Leo Kulas) verbinden Realismus mit Surrealität. Den vielen Darstellern gebührt ein Pauschallob, herausgehoben seien Ulrich Wildgruber, dem das Stück gewidmet ist, und Horst Westphal als Steinhüter Abel. Allein ihre Gedächtnisleistung ist fast übermenschlich.

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