Neues aus der neuen EU

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"The New Ten" im Wiener Künstlerhaus.

Seit sich im Raum der Kunst die so genannte Moderne ereignet hat, ist für die Kunstschaffenden der Drang zum Neuen beinahe ins Unermessliche gestiegen. Es gibt die Beispiele, dass sich der Kunstmarkt an einer marktschreierisch vorgetragenen Neuheit überhitzt und diese Neuheit hinterher nur mehr als eine Modeerscheinung gehandelt wurde. Sehr schnell stellte sich auch heraus, dass die augenfälligen Neuheitsmöglichkeiten nach kurzer Zeit bereits ausgereizt waren. Nachfolgende Künstlergenerationen schlossen an die Neuheiten von gestern an und entwickelten sie zu subtileren Handschriften weiter. Und sehr früh schon begannen die Kunstschaffenden diesen Drang zu unterlaufen, mit offensichtlichen Zitaten aus der Geschichte eroberten sie bislang unbekannte Zusammenhänge und schworen gleichzeitig einer zum Programm erhobenen Schnelllebigkeit ab. Mittlerweile hat das Neue als überzogene Marketingstrategie ausgedient, vielfach setzt sich eine realistischere und ehrlichere Handhabung immer mehr durch. In diesem Sinn verwenden auch die Kuratoren der Ausstellung "The New Ten" im Künstlerhaus ihre Bezugnahme auf das Neue.

Denn das Konzept der Ausstellung versammelt aus den zehn neuen Mitgliedern der Europäischen Union je zwei Vertreter mit ihren Werken. Damit will man die einseitige Fokussierung auf ökonomische und politische Themen bei der Erweiterung mit einem Gegenpol konfrontieren: der Kunst, die als grenzenlose Kommunikation viele sprachliche Probleme hinter sich lässt und damit einen wesentlichen Beitrag als Katalysator der Integration leisten kann. So warten denn die Beteiligten nicht mit sensationellen Neuerungen auf - sind sie doch schon seit einiger Zeit an das "alte Europa" angedockt. Verschärft betrachtet gilt ohnedies vielmehr, dass diese Länder nur neue Mitglieder der Union sind, zu Europa gehören sie ja bereits seit jenen Tagen, da sich dieser Kontinent anschickte, Europa zu werden.

Daher zeigt sich das Neue vielfach darin, dass man vor Kunstwerken steht, die genau die hierzulande bekannten Probleme behandeln, wo man doch eher geneigt ist anzunehmen, die zehn Neuen hätten ihre eigenen, von unseren klar unterscheidbaren Probleme. Petras Mazuras lässt Bäume Steine sprengen, Matej Krén baut aus gelesenen Büchern ein Iglu und bezeichnet dies als Nabel der Welt, Dusan Zidar barockisiert Gironcoli-Skulpturen, Katerina Vincourová verpackt auch das größte Environment zwecks musealer Konservierung in Plastikhüllen, Viktor Bernik übernimmt das popartige Wohnzimmer und hängt als Bild im Bild ein geometrisch-abstraktes Wandbild als Raumerweiterung in seinen "living-room" und Trevor Borg überhöht sein Grundkonzept einer Flächenmalerei durch angeklebte Kleinobjekte, die wie Leitlinien fungieren. Katorzyna Jósefowicz schnipselt menschliche Köpfe aus Zeitschriften aus und verklebt sie derart, dass sie nunmehr wie die Schlaufen eines Teppichs in Reih und Glied aufragen. Wie Fußabstreifen liegt sie nun da, die Volksmasse, vom Kollektivismus kommunistischer Provenienz ebenso wenig ernst genommen wie die freimütigen Kaufsklaven des neoliberalen freien Marktes. Die Gruppe Famous Five setzt einen Hightech-Sarg auf einen altarähnlichen, mit Blumen umkränzten Aufbau. Die Besucher können die Stufen zum geöffneten Sargfenster emporsteigen, um dort einen Monitor zu erblicken, der einen ewigen Kreislauf zwischen Wassertropfen, Schmetterling und Pflanze zu sehen: nicht umzubringen, diese technischen Errungenschaften. Theodolous Gregoriou verschränkt in einer komplexen Projektion das künstliche Bild eines schwimmenden Menschen mit auf dem Boden liegenden Steinen als Projektionsfläche, so dass ein tatsächliches, aber nicht anwesendes Wasser suggeriert wird. Eingeschlossen bleiben wir allemal.

The New Ten

Künstlerhaus, Karlsplatz 5, 1010 Wien

Bis 16. 1., Di-So, 10-18, Do bis 21 Uhr

Katalog: Walter Smerling (Hg.), The New Ten. Bonn 2004, 123 Seiten, e 20,-

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