"Neun Bundesländer, neun Vorstellungen"

Werbung
Werbung
Werbung

Für den Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa ist die Bundesstaatsreform ein langwieriges Unterfangen.

Die Furche: Herr Landeshauptmann, wenn es um eine Reform des Staatswesens geht, werden die Länder gerne als Blockierer hingestellt...

Herwig van Staa: Ich habe den Vorwurf noch nie gehört. Und ich fühle mich da auch nicht angegriffen. An Reformen des Staatswesens arbeite ich konstruktiv mit, nur muss es ein ausgewogenes Verhältnis von Nehmen und Geben sein. Wir sind bereit, neue Aufgaben vom Bundes zu übernehmen, aber nur wenn die Mehrkosten abgegolten und unsere Vorstellungen berücksichtigt werden.

Die Furche: Was halten Sie vom Vorschlag einen Verfassungskonvent einzuberufen?

van Staa: Diese Idee wird eigentlich überall zustimmend aufgenommen. Aber schon öfters hat man solche Anstrengungen unternommen. Man darf daher nicht glauben, dass da gleich etwas herauskommt. Das wird ein langwieriges Unterfangen, sind doch noch nicht einmal die Beschlüsse der Landeshauptleutekonferenz von Perchtoldsdorf aus dem Oktober 1992 umgesetzt. Damals wurden die letzten politische Vereinbarungen über die Neuordnung des Bundesstaates getroffen. Ich sehe die Sache der Bundesstaatsreform nicht so aufgeregt. Das Schlimmste, was uns passieren kann: Alles bleibt so wie es ist.

Die Furche: Aufgeregt wird die Diskussion, wenn von diesem oder jenem Stellenabbau die Rede ist.

van Staa: Das muss man genau hinterfragen. Es lässt sich doch nicht linear feststellen, dass 30.000 Beamte einzusparen sind. Ich war seinerzeit Bürgermeister von Innsbruck. Wir haben eine Verwaltungsreform durchgeführt, die vom Rechnungshof als die einzige substanziell gelungene gelobt wurde. Dieser Stadt kann man jetzt nicht noch einmal vorschreiben, Beamte einzusparen. Da muss jeder Fall einzeln angeschaut werden. Was sicher nicht geht, dass zwei vergleichbare Gemeinden einen hundertprozentigen Unterschied beim Bedienstetenaufwand haben. Da kann man sehr viel im Land selber machen.

Die Furche: Sollten die Länder auch eigene Steuern einheben?

van Staa: Die Einhebung von Steuern soll man - wo es jetzt schon in Form von Gemeindeabgaben erfolgt - so belassen wie sie sind. Die anderen Sachen macht man auf Bundesebene, weil wir überall nur ein Finanzamt als eintreibende Stelle haben. Wenn die Länder jetzt auch anfangen, Steuern einzuheben, halte ich das nicht für sehr gescheit.

Die Furche: Wie weit meinen Sie, sollte die Subsidarität gehen?

van Staa: Föderalismus ist ein Ausdruck von Subsidarität. Gemeinde-Autonomie ist ein Ausdruck von Subsidarität, aber nicht Ausdruck von Föderalismus. Schlussendlich geht es um die Frage: Mittelbare Bundesverwaltung - ja oder nein? Ich bin durchaus dafür, dass man die mittelbare Bundesverwaltung abschafft. Es ist ja schon etwas in diese Richtung geschehen. Man hat die Bundesstraße in die Landeskompetenz übertragen. Wenn die Kostenfrage geklärt ist, sehe ich keine Schwierigkeit. Die Schwierigkeit liegt darin, dass wir neun Bundesländer haben, die alle unterschiedliche Vorstellungen haben.

Die Furche: Beim Tierschutzgesetz ist es auf einmal sehr schnell gegangen, dass man sich einigt.

van Staa: Das ist noch nicht über die Runden. Das ist eine Wahlzusage der Österreichischen Volkspartei, dass sie einem österreichweiten Tierschutzgesetz zustimmt.

Die Furche: Soll man Wahlzusagen nicht ernst nehmen?

van Staa: Nein, nein, jetzt geht es aber darum, ob das in Form einer Grundsatzgesetzgebung mit Ausführungsgesetzen der Länder erfolgt oder einer Grundsatzgesetzgebung mit Verordnungsmöglichkeit der Länder. Das muss man sich erst anschauen, was da tatsächlich herauskommt.

Die Furche: Wofür sind Sie?

van Staa: Ich bin für alles. Ich bin für ein einheitliches Tierschutzgesetz, aber gerade bei Haustieren muss man auf regionale Bedürfnisse Rücksicht nehmen. Bei Anbindehaltung oder Freilaufställen muss man zwischen Kleinbauern und Großbetrieben unterscheiden. Wenn ich nur drei Kühe hab' und einen kleinen Stall, wie viele Tiroler Bergbauern, wird es sinnvoll sein, die anzuhängen. Diese Kühe haben ja eine liebevolle Betreuung, denen wird viel zugeredet, die haben einen Gesprächsaustausch. Woanders schaut die Sache wiederum ganz anders aus.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung