Nicht nur Honeymoon MIT HOLLYWOOD

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Der blauäugige Blondschopf und heutige Charakterkopf des US-Kinos wird 80 Jahre alt. Robert Redford ist als Schauspieler wie als Filmemacher eine Ausnahmeerscheinung.

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Der blauäugige Blondschopf und heutige Charakterkopf des US-Kinos wird 80 Jahre alt. Robert Redford ist als Schauspieler wie als Filmemacher eine Ausnahmeerscheinung.

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Wer noch wusste, was Schauspiel-Genius à la Hollywood bedeutete, der ging zu "All is Lost" ins Kino. Damals, 2013, konnte man einem Skipper 106 Minuten lang zuschauen, wie er im Indischen Ozean mit seinem Einhandsegler Schiffbruch erleidet (er stößt mit einem herrenlosen treibenden Schiffscontainer zusammen). In einer filmischen Paraphrase des Murphy'schen Gesetzes, nach dem alles, was schief gehen kann, auch schief geht, und wenn, dann noch auf die Weise, die den allergrößten Schaden anrichtet, gibt es nur einen Schauspieler, Robert Redford, und der redet den ganzen Film kaum ein Wort.

Bis heute kein Schauspiel-Oscar

Eine der unzähligen Gelegenheiten, Redford einen Schauspiel-Oscar zuzuerkennen. Aber einmal mehr wurde dem Hollywood-Haudegen, der am 18. August seinen Achtziger begeht, der Preis nicht zuteil. Nicht einmal nominiert war er: "All is Lost" kam bei den Oscar-Nominierungen 2014 nur in der Kategorie Bester Tonschnitt vor.

Und auch für "Spy Game", den Thriller von Tony Scott (2001), in dem Redford den in den Ruhestand tretenden CIA-Agenten Nathan D. Muir spielt, der in einer aberwitzigen Aktion seinen ehemaligen Schützling Tom Bishop (gespielt von Brad Pitt) aus einem chinesischen Hochsicherheitsgefängnis befreit, gab es keinen Preis.

Auch für seine Darstellung des Watergate-Aufdeckers Bob Woodward (1976) in "Die Unbestechlichen" oder für den Kleinganoven Johnny Hooker, den er schon im Kultfilm "Der Clou"(1973) spielte, oder für den anderen Film "Zwei Banditen", in dem er gemeinsam mit Paul Newman spielte, mit dem er zeitlebens befreundet blieb, hätte Redford einen Oscar verdient - auch schon für seine Darstellung des spießigen Anwalts Paul Bratter in der Neil-Simon-Verfilmung "Barfuß im Park"(1967), der den Hollywood-Durchbruch für Redford bedeutete.

Weitere Oscar-würdige Darstellungen gab Redford in "Der große Gatsby" (1974), "Der Kandidat" (1972), als Denys Finch Hatton in "Jenseits von Afrika" (1985) oder 1998 als "Pferdeflüsterer", wo er selber Regie führte. Wenn es mit der Trophäe nicht klappt, revanchiert sich Hollywood bekanntlich mit einem "Ehren-Oscar" fürs Lebenswerk: Der wurde dem damals 65-Jährigen 2001 zuteil, wobei dem Regisseur Robert Redford doch auch eine direkte Auszeichnung zuteil geworden war.

Denn schon für seine erste Regie-Arbeit, "Eine ganz normale Familie" (1980), hatte es Regie-Oscar-Ehren gesetzt, aber in den acht folgenden, teilweise ebenfalls ausgezeichneten Filmarbeiten Redfords hinter der Kamera -von "Quiz Show" (1994),"Der Pferdeflüsterer"(1998), bis zur Vietnamkriegsaufarbeitung "The Company You Keep" aus 2012 setzt es bloß Kritikerlob.

Vor allem Redfords dritte Spielfilm-Regie "Aus der Mitte entspringt ein Fluss", eine Literaturverfilmung aus 1992, mit der der heutige Hollywoodstar Brad Pitt erstmals auch internationale Beachtung erfuhr, blieb stark unterschätzt. Redfords damaliger Kameramann Philippe Rousselot, immerhin, konnte den Oscar in seiner Kategorie mit nach Hause nehmen.

Dominanz und Vielseitigkeit

Zuletzt hatte Robert Redford vor ein paar Wochen im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen bestritten, jemals auf einen Schauspiel-Oscar reflektiert zu haben. Ob das nun Koketterie ist oder nicht: Die Dominanz und Vielseitigkeit von Redford machen den Hollywood-Star als Schauspieler wie als Regisseur zu einer Ausnahmeerscheinung.

War er in den 1960er- und 1970er-Jahren als blonder Frauenschwarm apostrophiert, mauserte sich Redford nicht nur zum weltweit geachteten Charaktergesicht des US-amerikanischen Films (siehe eben etwa "All is Lost", 2013). Er habe die Zuschreibung als Hollywoods "Golden Boy" "wie einen Käfig empfunden", so Redford im zitierten FAZ-Interview: "Ich habe einst als Theaterschauspieler angefangen, und daran hat mir gefallen, dass ich so viele verschiedene Rollen spielen konnte." Deshalb habe er sich dabei immer unwohl gefühlt, wenn er wegen seines Aussehens in eine Schublade gesteckt wurde.

Initiator des Sundance Festivals

Obwohl Star, hat sich Robert Redford nie mit Hollywood (politisch) gemein gemacht. Er spielte Charaktere in sozialkritischen Filmen ebenso wie er das Filmschaffen abseits des Mainstreams unterstützte. Seine Rolle als Sundance Kid in "Zwei Banditen"(Originaltitel: "Butch Cassidy and the Sundance Kid") nahm er als Namensgeber und seine Gage für diesen Film als Startkapital für das "Sundance Film Festival" und das dazugehörige "Sundance Institute", die die USA-weit wichtigste Promotion-Institution für den Independent Film wurde, und das alljährlich im Winter im US-Bundesstaat Utah stattfindet .

In Utah lebt Robert Redford bis heute. Der dreifache Vater und achtfache Großvater ist nach der Scheidung von seiner ersten Frau Lola Jean van Wagenen mit der deutschen Künstlerin Sibylle Szaggars zusammen, die er 2009 heiratete. Seine Beziehung zu Europa begann schon früh: Mit Sechzehn jobbte er als Heizer auf der Queen Mary und kam so in die Alte Welt. Später fuhr er per Autostopp quer durch Europa.

Bis heute gilt Robert Redford als einer, der sich seine Weltsicht niemals durch eine Filmgage abkaufen ließ. Auch seine Wortkargheit ist legendär. "Verglichen mit Robert ist sogar die Sphinx eine Plaudertasche", meinte Paul Newman, sein kongenialer Filmpartner in "Zwei Banditen" und "Der Clou" einmal.

Redfords Schaffenskraft scheint aber auch mit 80 ungebrochen: In einer Woche kommt er im Disney-Kinderfilm "Elliot, der Drache" hierzulande wieder neu ins Kino.

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