Nicht nur "tutte" - auch "tutti"

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Mit "Così fan tutte" beginnt Christoph Eschenbach, im Herbst mit einer neuen "Zauberflöte" an der Wiener Staatsoper, seinen Mozart-da Ponte-Zyklus bei den Salzburger Festspielen.

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Mit "Così fan tutte" beginnt Christoph Eschenbach, im Herbst mit einer neuen "Zauberflöte" an der Wiener Staatsoper, seinen Mozart-da Ponte-Zyklus bei den Salzburger Festspielen.

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Christoph Eschenbach über seine Sicht von Mozarts "Così", seine Doppelkarriere als Pianist und Dirigent, die Wiener Philharmoniker sowie zu weiteren Plänen für die Salzburger Festspiele und die Wiener Staatsoper.

DIE FURCHE: Wie überrascht waren Sie, als Ihnen Intendant Pereira den Mozart-da Ponte-Zyklus bei den Salzburger Festspielen anbot?

Christoph Eschenbach: Ich war sehr überrascht, mit der Überraschung kam auch die Schwierigkeit wegen meines Kalenders. Aber ich habe bald ja gesagt wegen des Triptychons, weil es eine wunderbare Aufgabe ist, dies in Salzburg mit einem Dirigenten und einem Regisseur zu machen, und mehr oder weniger mit einem Ensemble.

DIE FURCHE: Kennen Sie den Regisseur Sven-Eric Bechtolf, haben Sie mit ihm schon zusammengearbeitet?

Eschenbach: Ich kenne ihn aus Zürich, wo ich Chefdirigent des Tonhalle Orchesters war und habe ihn hier zum ersten Mal auf der Bühne gesehen. Ich war sehr, sehr begeistert von seinem wirklich einmaligen Talent. Dann haben wir uns mehrmals gesehen, und jetzt arbeiten wir richtig zusammen.

DIE FURCHE: Haben Sie den Mozart-da Ponte-Zyklus schon einmal dirigiert?

Eschenbach: Ja, im Mozart-Jahr 1991 in Houston, und zwar zyklisch. Es war eine szenische Produktion, die leider überschattet war vom Tod des Regisseurs Göran Jänvefelt. Wir hatten eine hervorragende Besetzung: die Fleming (Renée; red.) sang die "Figaro"-Gräfin und die Elvira, die sie später nicht mehr gesungen hat, die Mattila (Karita; red.) ihre erste Donna Anna. Später habe ich diesen Zyklus halbszenisch beim Pacific Festival in Japan gemacht und "Don Giovanni" mit Peter Stein in Chicago.

DIE FURCHE: Sie beginnen Ihren auf drei Sommer verteilten Mozart-da Ponte-Zyklus mit "Così". Ist das nicht das komplizierteste und anspruchsvollste Stück dieser Trias?

Eschenbach: Ich würde sagen das konzentrierteste mit diesen sechs Akteuren, die das Spiel aller Spiele spielen, dieses Spiel mit Menschen. Ich habe eine DVD mit einer früheren Produktion von Bechtolf gesehen - natürlich ist es jetzt etwas anders, aber es kommt heraus, dass Mozart Sympathie hatte für diese Charaktere, aber auch für den Wechsel in deren Attitüde. Das zeigt die große Menschlichkeit Mozarts und seiner Musik.

DIE FURCHE: Welche Botschaft hat "Così fan tutte" für Sie?

Eschenbach: Es ist eigentlich nicht nur "Così fan tutte" sondern auch "Così fan tutti": Männer und Frauen machen die selben Fehler, begeben sich in extreme Situationen und haben damit Verantwortung zu tragen.

DIE FURCHE: Ihr Salzburg-Debüt haben Sie 1967 gefeiert, im Rahmen des einzigen Konzerts von Herbert von Karajan mit dem Cleveland Orchestra in Mozarts Konzert für drei Klaviere zusammen mit Jörg Demus und Karajan als Solist. Mittlerweile haben Sie 26 Mal in Salzburg gastiert, darunter auch als Dirigent sowie Klavierbegleiter von Dietrich Fischer-Dieskau, Matthias Goerne oder Renée Fleming, ihrer "Capriccio"-Gräfin bei ihrem Dirigentendebüt an der Staatsoper. Macht es einen Unterschied, ob man die Philharmoniker im Konzert oder in der Oper dirigiert?

Eschenbach: Der Klang ist einfach genial, das Orchester ist einmalig. Es hat im Konzert wie in der Oper die gleiche Qualität, sie verfügen über einen Zauberton wie kein anderes Orchester. Aber natürlich macht es einen Unterschied, ob man Konzert oder Oper dirigiert, hier kommt noch die Szene dazu, und das alles in einer Hand zu haben, ist eine wunderbare Aufgabe.

DIE FURCHE: Sie waren bereits ein international viel gefragter Pianist, als Sie in den 1970er Jahren Ihre Debüts als Orchesterund Operndirigent feierten. Wie sind Sie zum Dirigieren gekommen?

Eschenbach: Ich war elf, als ich in Kiel ein Beethoven-Konzert mit den Berliner Philharmonikern unter Wilhelm Furtwängler gehört habe. Das hat mich überwältigt als Kind. Er dirigierte die vierte Symphonie, die große Fuge und die fünfte Symphonie; ich höre das heute noch, dass man ein Orchester spielen lassen kann wie Engel und Teufel gleichzeitig. Meine Mutter hat meine Aufregung bemerkt. Als ich sagte, ich will Dirigent werden, sagte sie ganz pragmatisch, dann musst du ein Orchesterinstrument lernen. Einige Jahre später hatte ich eine Geige und Geigenunterricht. Nach dem Abitur mit dem großem Latinum, das ich nicht missen möchte, bin ich nach Hamburg gegangen und habe Klavier bei Eliza Hansen sowie Dirigieren bei Wilhelm Brückner-Rüggeberg studiert. Er war eigentlich ein Opernmensch, wir hatten an fünf Tagen Unterricht, an vier Tagen nur Oper, ich habe dann auch mein Examen mit einer szenischen Aufführung von "Figaro" gemacht. Dann kam die Frage, gehe ich in ein Theater oder nicht? Ich habe dann den ARD-und den Clara Haskil-Wettbewerb gewonnen und mir gedacht, ich mache meine Klavierkarriere und schaue mir genauer als andere Solisten die Dirigenten an. Daraus hat sich diese wunderbare Mentorenschaft von Karajan und George Szell entwickelt.

DIE FURCHE: Wie ist es dann zu Ihrem Dirigentendebüt 1972 mit der Dritten Bruckner in Hamburg gekommen?

Eschenbach: Das habe ich selber mit den Hamburger Symphonikern gemacht. Ich habe Bruckner gewählt, um zu sehen, ob ich mich ausdrücken kann: Geht die Körpersprache, übersetzt sie sich? Da fing meine Dirigentenkarriere an, sehr langsam, aber kontinuierlich und ohne Krisen. Ich bin eigentlich sehr zufrieden, wie die Dinge gelaufen sind.

DIE FURCHE: Wohl auch, dass Sie im Herbst erneut an der Staatsoper, diesmal mit einer neuen "Zauberflöte" gastieren. Wie kam es dazu?

Eschenbach: Direktor Meyer hat mich gefragt, ich habe die Oper bisher einmal in Hamburg konzertant gemacht. Es ist ein sehr ambivalentes Stück. Ich bin gespannt, was die Regisseure Moshe Leiser und Patrice Caurier daraus machen. Es wird wenig Bühnenbild geben, dafür mehr Aktionen, alles ist irgendwie mobil. Ich freue mich wahnsinnig darauf.

DIE FURCHE: Gibt es darüber hinaus Pläne für Wien?

Eschenbach: Im Herbst 2014 dirigiere ich wieder eine neue Produktion an der Staatsoper, was, möchte ich noch nicht sagen, davor das Schönbrunn-Konzert der Philharmoniker. Nächsten Sommer setze ich in Salzburg den Mozart-Zyklus mit "Don Giovanni" fort.

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