Nicht typisch für den Ostblock

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Ich fahre die Strecke Krakau-Katowice-Wien, was zum ersten Mal seit hundert Jahren wieder ohne jegliche Grenz- oder Zollkontrollen möglich geworden ist. Das Wetter ist angenehm, der Zug halb leer (denn Fliegen ist inzwischen oft billiger als Zugfahren). In Erinnerung habe ich noch andere Reisen in diese Richtung, aber auch zurück …

Im Jahr 1981, als ein tschechischer Grenzbeamter auf meiner Reise nach Brünn polnische Tageszeitungen konfisziert, die als suspekt gelten. Der Beamte versucht auch forschend das Manuskript meiner Doktorarbeit zu lesen.

Im Jahr 1984, als ich als Stipendiatin mit dem Auto aus Heidelberg heimfahre, verliere ich im Schnee meinen Pass und die Brieftasche: Plötzlich eröffnet sich die Perspektive, Weihnachten an der tschechisch-polnischen Grenze zu verbringen. Doch wie durch ein Wunder wendet sich das Blatt: Eine Tschechin findet meine Dokumente und gibt mir alles wieder.

Im Jahr 1985 werde ich nach der Teilnahme an einer Tagung von einem österreichischen Zöllner verdächtigt, weil die einzigen Dinge, die ich ausführen möchte, ein in Graz gekaufter Sonnenhut und ein vom Dekan der Grazer Fakultät geschenkter Orchideenstrauß sind. Nicht typisch für den Ostblock, sagt man mir.

Im Jahr 2001, als ich als polnische Botschafterin in Wien erfolgreich erkläre, dass die Werkzeuge, die die Schauspieler des Warschauer Theaters nach Wien einführen wollen, nur Requisiten eines modernen Theaterstücks sind und keine Mittel zur Schwarzarbeit.

Im Februar 2008: Diese Reise war so schön und so anders. Nur der Südbahnhof und der Zentralbahnhof in Warschau wecken wieder Nostalgie - an diesen Orten sieht alles wie vor Jahren aus …

Die Autorin war von 2000 bis 2004 polnische Botschafterin in Österreich.

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