Nicht zur Tagesordnung übergehen

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Es wäre falsch, nach Kritik an den demokratiepolitischen Zumutungen des Innenministeriums wieder zur Tagesordnung überzugehen. Diese Agenda ist das Angriffsziel des FPÖ-Machers und Ministers Herbert Kickl. Ihre Veränderung führt er seit jeher im Schilde. Das ist ihm schon derart gelungen, dass Sebastian Kurz bekennt: "Was ich heute sage, ist vor drei Jahren in der EU von vielen als rechts oder rechtsradikal bezeichnet worden." Die Mitte wirkt also bereits weit verrutscht, aber den vermeintlich Freiheitlichen noch nicht weit genug -um selbst das Ruder zu übernehmen. Also verschieben sie weiter die Grenzen des Sagbaren, erhöhen die Hürden zur Empörung und senken das Niveau des Diskurses.

Kern dieser Strategie ist das Zerstören von Medienvertrauen bei gleichzeitigem Aufbau eigener digitaler Propagandakanäle. Das reicht von Heinz-Christian Straches Facebook-Posting, dass Armin Wolf Lügen zu Nachrichten verwandle, über Elmar Podgorscheks Forderung nach Neutralisierung des ORF und Norbert Stegers Drohung, Korrespondenten zu streichen bis zu Beate Hartinger-Kleins Anrede von Lou Lorenz als "Frau Dittlbacher". Doch der ORF ist nur die Spitze des torpedierten Eisberges und die Absicht, kritischen Medien weniger Information zu geben, bloß die Festschreibung von Gewohnheitsunrecht. Wenn das Innenministerium parallel dazu den "Schutz der eigenen Sicherheit bei Amok und Terror" inseriert, suggeriert es eine akute derartige Gefahrenlage. So werden Ängste geschürt und wird der Diskurs vom Politischen ins Chronikale und Kriminelle verlagert -während der Vizekanzler gegenüber seinen 800.000 Facebook-Fans "gezielte Kampagnen" gegen Kickl beklagt.

Das Vorbild für solch Vorgehen stammt aus den USA. Seit Trump wundert sich dort niemand mehr, was alles möglich ist. Deshalb darf Österreich im Herbst nicht wieder zur Tagesordnung übergehen.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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