Noch lebt das alte China

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Das "Reich der Mitte" verändert sein Gesicht

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Das "Reich der Mitte" verändert sein Gesicht

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Die Wachen vor dem Tor des Himmlischen Friedens mit dem riesigen Mao Porträt sind müde und unausgeschlafen. In Kürze ist Wachablöse; einige Dutzend Chinesen am Rande des riesigen Platzes - einige wenige von ihnen noch im traditionellen Mao-Anzug - warten auf dieses Ereignis. Die aufgehende Sonne taucht Tor und Platz in ein rosa Licht. Wir hatten eigentlich einen grellroten Sonnenaufgang erwartet, aber vielleicht ist das milde Licht der östlichen Sonne ein Symbol für die Haltung des modernen China. Ein China, in dessen Hauptstadt man Bettler mit bittenden Gesten und Straßenmusikanten für ein Yuan-Stück um die Wette musizierend auf der einen Seite findet, auf der anderen Seite protzige Luxuslimousinen, abgedunkelt mit schwarzen Scheiben, nur der Fahrer bleibt sichtbar.

Im Jahr 2001 leben in Peking ständig rund 13 Millionen Menschen sowie mehr als drei Millionen "Fremdarbeiter", die aus der fernen Mongolei, der Mandschurei, ja sogar aus Tibet anreisen, um in der chinesischen Metropole eine besser bezahlte Arbeit zu finden. Für den Fremden, der sich eine Woche in Peking aufhält, ist von Regierungsform und Kommunismus nichts zu bemerken. In den Kaufhäusern, Boutiquen und Feinkostgeschäften werden Waren angeboten, die sich nicht von den Angeboten in den Städten westlichen Zuschnitts wie Tokio, Singapur, Hongkong unterscheiden.

Als sprudelnde Einnahmequellen erweisen sich im heutigen China natürlich auch die Touristenattraktionen, die seit den Tagen der Kulturrevolution gehegt und gepflegt werden und den Interessierten ein Abbild des vergangenen "Reiches der Mitte" bieten sollen. An der Spitze steht nach wie vor die "Verbotene Stadt", neben der Großen Mauer das wohl eindrucksvollste Bauwerk in China, dessen Geschichte vor mehr als 500 Jahren, als der Ming Kaiser Zhu Di im Jahre 1420 seinen nach 17jähriger Bauzeit entstandenen Palastkomplex mitten in der neuen Hauptstadt von China bezog, begann: Eine faszinierende Anordnung von Hallen, Palästen, Pavillons, Toren und Parks erwartet den Fremden. Er betritt eine Stadt, die noch vor 90 Jahren ausschließlich dem Kaiser und seinem Gefolge zur Verfügung stand. Von hier aus war die Kaiserwitwe Cixi nach der Beschießung durch die europäischen Invasionstruppen während des Boxeraufstandes mit dem kleinen Kaiser Puyi, der am 25. Dezember 1911 auf den chinesischen Kaiserthron verzichten sollte, nach Xian ins Exil geflohen.

Neben der Verbotenen Stadt mit dem Goldwasserfluss und der Halle der höchsten Harmonie ist selbstverständlich auch der Sommerpalast des Kaisers ein absolutes Muss: Der Palast im heutigen Zustand war ein Geschenk des Qianlong-Kaisers zum 60. Geburtstag seiner Mutter im Jahre 1751. Das riesige Gelände mit einer Erstreckung von mehr als einem Quadratkilometer an einem künstlichen See gelegen, war auf einem Gelände errichtet worden, das schon im Jahre 1153 in der Jin-Dynastie als "Garten des goldenen Wassers" dem Kaiser zur Erbauung diente.

Wer Peking einen Besuch abstattet, sollte als absolutes Muss die Große Mauer bei Badaling am Joyong-Pass nicht versäumen. Ausgehend von einem steinernen Fort kann hier die Große Mauer auf stundenlangen Touren, quer über schroffe Berghänge hinweg, erwandert werden. Das "Erwandern" ist allerdings so eine Sache: Nur wenige Meter ist oft das Begehen der Mauerkrone waagrecht möglich, 99 Prozent sind über Stufen zu überwinden, wobei die Stufenhöhe unterschiedlich ist, sie reicht von etwa zehn bis 40 Zentimeter.

Rund 20 Kilometer von Badaling entfernt, liegen im Duiyiu-Tal die Ming-Gräber, die erst zu einem geringen Teil von den Archäologen ausgegraben wurden. Nur zwei sind dasher zugänglich. Dafür entschädigt vielfach die kilometerlange Prachtstraße "Weg der Seelen" mit ihren riesigen Monumenten von zwölf Tier- und sechs Menschenpaaren.

Zurück nach Peking: Am Abschlussabend jeder Reise steht wohl eine Aufführung der Peking-Oper auf dem Programm, ein faszinierendes Beispiel fernöstlicher Kunst. die fremdartigen Klänge liegen noch im Ohr , wenn man schon längst zu Hause ist.

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