Nüchtern, ohne romantischen Einschlag
Tina Blau ist nicht nur eine der wichtigsten Wiener Malerinnen des 19. Jahrhunderts, als emanzipierte, modern denkende Frau war sie auch Vorbild für nachfolgende Generationen von Künstlerinnen. Das Belvedere zeigt nun knapp 50 ihrer Arbeiten.
Tina Blau ist nicht nur eine der wichtigsten Wiener Malerinnen des 19. Jahrhunderts, als emanzipierte, modern denkende Frau war sie auch Vorbild für nachfolgende Generationen von Künstlerinnen. Das Belvedere zeigt nun knapp 50 ihrer Arbeiten.
Eine Frau, die Ende des 19. Jahrhunderts allein durch die Lande reiste, in der freien Natur malte, ihren Malwagen in den Prater schleppte, um dort vor dem Motiv direkt zu arbeiten - alles unvorstellbar für diese Zeit. Tina Blau tat es dennoch und wurde zur Vorreiterin der Moderne und zum Vorbild für Generationen von Künstlerinnen. Im Oberen Belvedere wird ihr eine Ausstellung gewidmet, die 49 ihrer Ölgemälde präsentiert und einen Einblick gibt, wie sie damals gängige Ideen wie jene der Impressionisten für sich selbst entwickelte.
"Tina Blau war unter den Wiener Malern des 19. Jahrhunderts in der ersten Reihe anzusiedeln", beschreibt Kurator Markus Fellinger. Wohl auch, weil sie eine Suchende war und somit wegweisend werden konnte. Auf zahlreichen Reisen fand sie Anregungen und Motive, vor denen sie ihr breites Repertoire an künstlerischen Fähigkeiten schulte. Teils reiste sie mit Emil Jakob Schindler, mit dem sie auch das Atelier und die moderne Auffassung der Landschaftsmalerei teilte, teils auch alleine. "Sie machte sich aber von Schindlers Einfluss sehr schnell wieder frei und erkannte die Zeichen der Zeit", sagt Kurator Fellinger. "Sie begann sehr objektiv, nüchtern und ohne romantischen Einschlag genau das zu malen, was sie sah. Aus heutiger Perspektive wirken die Arbeiten fast etwas platt und gefällig, dem Betrachter fehlen oft Ecken und Kanten, aber es ist wichtig zu wissen, dass vieles, was sie umsetzte, zu ihrer Zeit noch keine Selbstverständlichkeit war."
Von beeindruckender Helligkeit
Die Schau zeigt teils bisher unbekannte Bilder und Ölstudien, die erkennen lassen, wie analytisch Tina Blau ihre Werke schuf und wie sie immer wieder Neues ausprobierte, um ihren eigenen Stil zu finden. Mal sind die Arbeiten, die meist Landschaften zeigen, skizzenhaft, mal akribisch genau - und das, obwohl sie fast zeitgleich entstanden. Blau suchte nach verschiedensten Ausdrucksmöglichkeiten -Fellinger spricht von einem "bewussten Drang nach eigenständiger kreativer Entwicklung".
Diese Bemühungen gipfelten in ihrem bedeutendsten Werk: Mit "Frühling im Prater", das auch die Belvedere-Schau überstrahlt, wurde Tina Blau 1882 schlagartig berühmt. Und das, obwohl oder gerade weil das Werk von einer beeindruckenden Helligkeit ist, während die Werke jener Zeit oft sehr dunkel gehalten waren. Dies brachte dem Gemälde die Kritik ein, ein "Loch in die Wand zu machen", wie Fellinger beschreibt. Mit zwei mal drei Metern hatte es auch ein ungewöhnliches Format für ein Landschaftsbild dieser Zeit. 1883 erhielt Blau dafür jedoch in Paris eine "Mention honorable" - und ihr Ruf war begründet. Sie wurde zur ersten heimischen Landschaftsmalerin von Bedeutung. Als das heutige Belvedere 1903 als "Moderne Galerie" eröffnet wurde, war Blau bereits vertreten.
Doch obwohl Tina Blau nun eine europaweit bekannte Künstlerin und in allen wichtigen internationalen Kunstausstellungen vertreten war, litt sie darunter, dass ihr Œuvre oft im Bezug auf ihr Geschlecht beurteilt wurde. "Sie hat viel Kritik von Männern einstecken müssen, die immer zuerst das Weibliche an ihrer Kunst kritisierten", sagt Agnes Husslein-Arco, Direktorin des Belvederes. Die Ausstellung im Oberen Belvedere möchte den Blick auf Blaus Œuvre von diesem "positiven Sexismus" befreien.
Anlass für die Ausstellung ist nicht nur der 100. Todestag der Künstlerin, sondern auch die Fertigstellung des digitalen Werkverzeichnisses. Dieses wurde im Research Center des Belvedere erstellt und ist online frei zugänglich. "Das ist die Zukunft", sagt Husslein-Arco. "Wir haben uns entschlossen hier einen neuen Weg zu gehen, denn es war frustrierend, dass ein Werkverzeichnis, sobald es publiziert war, auch schon überholt war."
Husslein-Arco, die mit Mitte Jänner von Stella Rollig als künstlerische Leiterin abgelöst wird, wies im Zuge der Presseführung auf weitere Neuerungen im Belvedere hin. Die barocken Fenster werden ebenso sukzessive wieder montiert wie originale Supraporten, zudem wurden Säle neu vergoldet und die "Messerschmidt-Köpfe" neu aufgestellt - als "ein letztes Zeichen von mir".
Meisterwerke im Fokus: Tina Blau.
bis 9. April, Oberes Belvedere
täglich von 10 bis 18 Uhr
www.belvedere.at
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