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Pierre Richard kennt man als den Film-Tollpatsch. In "Und wenn wir alle zusammenziehen?“ verblüfft er mit einem späten Talent für subtile Tragikomik. Das Gespräch führte Matthias Greuling

Im Film "Und wenn wir alle zusammenziehen?“ zieht Pierre Richard (77) gemeinsam mit seinen Co-Stars Claude Rich, Géraldine Chaplin, Guy Bedos und Jane Fonda nicht ins Altersheim - sondern in eine Art Selbsthilfe-WG, in der man von den Gebrechlichkeiten des Alters lieber nichts wissen will. Die FURCHE traf ihn in Paris.

Die Furche: Monsieur Richard, man kennt Sie in Österreich nach wie vor als "Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“. War dieser Erfolg für Sie auch eine Bürde?

Pierre Richard: Und wie! Früher hatte ich den Eindruck, ich wäre gar kein Schauspieler, sondern mehr eine Persönlichkeit, ein Original. Ich bewunderte die großen französischen Schauspieler, wie etwa Claude Rich, mit dem ich hier nun endlich zusammen spielen konnte. Ich hatte früher regelrecht einen Minderwertigkeitskomplex, weil ich immer nur diese Witzfigur spielen musste. Ich drehte mich irgendwann nur mehr im Kreis. Ich habe mich bemüht, aus diesem Kreis auszubrechen, habe Theater gespielt und auch einige Filme gemacht, die ganz anders waren, als meine früheren Erfolge. Diese Filme waren natürlich nicht so erfolgreich, weil mich das Publikum immer noch so sehen will, wie ich früher war, was aber mit zunehmendem Alter schwieriger wird. Mit diesem Film bin ich jetzt endlich zum komödiantischen Schauspieler geworden und habe Selbstvertrauen in mich gewonnen.

Die Furche: "Und wenn wir alle zusammenziehen?“ ist eine Komödie, die aber ein ernstes Thema verhandelt: Alter und Gebrechlichkeit. Kann man darüber lachen?

Richard: Ich habe festgestellt: Je schwerer und dramatischer eine Geschichte ist, desto drolliger und witziger kann sie erzählt werden. Früher stand bei meinen Filmen die Komik im Vordergrund, aber bei diesem Film hat man zu Beginn eine ernste Ausgangssituation, die mit leichter Verfremdung ganz schnell urkomisch wird. Das Entscheidende dabei ist, dass man ernste Themen wie das Älterwerden mit einer gewissen Leichtigkeit einfängt. Ich habe mich in dieser Rolle sehr wohlgefühlt.

Die Furche: Ist es schwer, im Alter gute Rollen zu bekommen?

Richard: Das ist sicher schwierig, denn in der Kategorie "Filme mit älteren Figuren“ gibt es nicht besonders viele Angebote. Denn 75 Prozent der Filme sind mit jungen Schauspielern besetzt. Andererseits genügt es mir, einmal im Jahr einen Film zu machen, mehr brauche ich nicht. Ich bin da überhaupt nicht gefräßig. Ich lehne auch Projekte ab, wenn sie mir nicht zusagen. Nur weil ich vielleicht drei Monate lang nichts zu tun habe, werde ich deshalb nicht als Beschäftigungstherapie einen Film drehen.

Die Furche: Mit dem Alter werden Sie also wählerischer?

Richard: Heute achte ich darauf, dass es kein Part ist, den ich schon x-mal gespielt habe. Das ist bei diesem Film der Fall: Eine solche Rolle habe ich noch nie gespielt. Außerdem ist für mich wichtig, mit wem ich in diesem Film spiele. Man hat mir gar nicht gleich gesagt, dass Jane Fonda dabei ist, die ist der Zuckerguss auf dem Kuchen! Jane Fonda ist nicht nur eine große Schauspielerin, sie ist ein Mythos für Männer meiner Generation. Ich war vor unserem ersten Treffen richtig nervös. Aber als wir bei einem Essen alle zusammen saßen und ich neben meiner Film-ehefrau Jane Platz nahm, sagte sie nach kurzer Zeit: "Ich mag meinen Ehemann sehr.“

Die Furche: Im Film geht es auch um Sex im Alter.

Richard: Wir gehen mit dem Thema sehr dezent um. Der Film beschreibt eine der letzten Herausforderungen der einstigen 68er: das Altwerden. Für diese Generation ist es kein Tabu, über Sex zu sprechen, das ist ganz anders als noch vor 30 oder 40 Jahren. Ich denke, deshalb ist es gut, dass wir Sex thematisieren. Aber es ist nicht das einzige Thema: Denn es geht auch um die Einsamkeit, die einem im Alter droht, wenn man seinen Partner verloren hat. Zur Recherche waren wir alle vor den Dreharbeiten für einen Tag im Altersheim. Am Abend waren wir heilfroh, wieder draußen zu sein.

Und wenn wir alle zusammenziehen? (Et si on vivait tous ensemble?)

F/D 2011. Regie: Stéphane Robelin. Mit Daniel Brühl, Jane Fonda, Geraldine Chaplin, Guy Bedos, Claude Rich,

Pierre Richard. Lunafilm. 96 Min.

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