Obsorgestreit in den Medien

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat jüngst zu einem sehr dramatischen Obsorgestreit, der 2004 vor allem in den Salzburger Nachrichten“, der Krone, im ORF, in News, aber auch im Kurier ausgeschlachtet wurde, Stellung genommen.

Nach einem langjährigen Obsorgestreit wurde dem Vater eines mj. Buben die Obsorge entzogen. Der Vater torpedierte wochenlang die Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidung und tauchte mit dem Kind unter. Schließlich wurde die zwangsweise Abnahme des Buben angeordnet. Gleichzeitig verständigte er Medien, die über den Streit bereits wochenlang intensiv berichtet hatten. Zwei Gerichtsvollzieher versuchten auf einem Parkplatz den Buben gewaltsam aus einem Auto zu zerren. Nachdem sich der Bruder des Buben an ihn klammerte, blieb der Abnahmeversuch erfolglos. Die zahlreich anwesenden Journalist(inn)en filmten den Einsatz und veröffentlichten in der Folge auch Fotos des verzweifelten Buben mit schmerzverzerrtem Gesicht. Für den Buben wurden erfolgreich medienrechtliche Anträge wegen Verletzung seines höchstpersönlichen Lebensbereiches eingebracht: Die Krone musste 130.000, der Kurier 9000 Euro Entschädigung zahlen.

Der EGMR wies die dagegen eingebrachten Beschwerden ab: Betont wurde die besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern. Der Bub sei Opfer eines Obsorgestreits geworden und habe nicht selbst die Öffentlichkeit gesucht. Es sei auch nicht im Sinne der Pressefreiheit notwendig, Fotos des Buben abzudrucken, um sein Leiden und seine Verzweiflung zu zeigen und damit die Öffentlichkeit aus ihrer Apathie zu rütteln und ihre Aufmerksamkeit zu erreichen oder das schmerzverzerrte Gesicht des Minderjährigen zu veröffentlichen, um die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung zu sichern.

Das ist ein weiteres wichtiges Grundsatzurteil für einen wirksamen Opferschutz.

* Die Autorin ist Medienanwältin und vertritt u.a. den "Standard“

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