Öffentlich-rechtlich 2.0

Werbung
Werbung
Werbung

Schlechte Nachrichten von den Midterm Elections in den USA: Die Polarisierung zwischen Republikanern und Demokraten blockiert die Gestaltungsfähigkeit der Parteien, die Bürger glauben nicht mehr, dass ihre Stimmen etwas verändern. Die Wahlbeteiligung sinkt auf Rekordtiefe. Politik und Medien verlieren im Gleichschritt den letzten Rest an Vertrauen. Die Gesellschaft zersplittert, ihr Zusammenhalt schwindet, es fehlt sogar eine Plattform für die gemeinsame Kommunikation. Für Internet-Nutzer ist Facebook die zweitwichtigste politische Nachrichtenquelle. Gute Nacht, Amerika?

Du, glückliches Österreich, bist anders. Hier nähren 600 Millionen Euro Rundfunkgebühr einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das ist sinnvoll für den größten nationalen Identitätsstifter und Kulturträger, wie sein Langzeitchef Gerd Bacher den ORF bezeichnet hat. Doch diese Funktion wirkt erschüttert, weil seine TV-Programme nur noch zehn bzw. 20 Prozent Marktanteil haben.

Die ewige Diskussion über den ORF erschwert aufgrund ihrer Praxisnähe die prinzipielle Auseinandersetzung mit dem öffentlich-rechtlichen Grundgedanken und seine Anpassung an technisch getriebene gesellschaftliche Veränderungen. Ansonsten hätte die Digitalisierung aller Lebensbereiche längst ein Anlass für seine Neudefinition sein müssen. Was einst der terrestrisch verbreitete Rundfunk war, ist heute das Internet - die Voraussetzung für gemeinschaftliche inhaltliche Medienprojekte. Es ist ein demokratiepolitischer Kardinalfehler, diese Plattformen nicht frühzeitig als öffentlich-rechtliche Informationsmaschinen und rückkanal-fähige Kommunikationsinstrumente zu nutzen. Breitbandinitiativen sind wichtig. Freies Internet für alle und offenes W-LAN für jeden wären besser. Doch erst der massive Einstieg in Social Media eröffnet eine öffentlich-rechtliche Chance 2.0.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung