Österreich ist klösterreich

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Wer Österreich erkundet, begegnet auf Schritt und Tritt diesen steinernen Zeugen des Christentums: Klöster und Stifte prägen die Kulturlandschaft - und haben sich den Kulturinteressierten geöffnet. Doch auch als Orte der Gottesbegegnung - neudeutsch: Spiritualität - bewahren sie sich ihre Bedeutung. Trotz Nachwuchssorgen sind die Klöster nach wie vor ein nicht wegzudenkender Teil der österreichischen wie der christlichen Identität.

Sie thronen stolz über der Donau wie Stift Göttweig am Rand der Wachau. Sie verstecken sich in Flusstälern und zeigen aus der Ferne nur die Kirchturmspitze wie Stift Zwettl. Hinter ihren dicken Mauern bergen sie wahre Kostbarkeiten: Malerei und Architektur, Bücher und Handschriften, Kräuter und Weine.

"Es wäre nicht Österreich"

Was wäre Österreich ohne seine 85 Stifte und Ordensgemeinschaften? "Es wäre nicht Österreich", sagt der Abt von Stift Geras, Joachim Angerer. "Wir sind Teil der österreichischen Tradition und Identität. Nirgendwo sonst in der Welt können Klöster auf eine so lange und ununterbrochene Tradition zurückblicken wie hier."

Österreich ist "Klösterreich" - eine stolze Bezeichnung nicht nur für ein Land, sondern auch Name eines Vereins, der sich seit seiner Gründung vor drei Jahren die Förderung der kulturellen und touristischen Aktivitäten der Klöster, Orden und Stifte Österreichs zum Ziel gesetzt hat. Zwar verfolgen andere Vereine wie die "Via Imperialis" ähnliche Ziele. Doch "Klösterreich" mit seinen 19 Klöstern, Orden und Stiften hat eine Besonderheit: Hier hat soeben die Osterweiterung stattgefunden. Das zum "Weltkulturerbe" zählende ungarische Kloster Pannonhalma ist ebenso beigetreten wie das Thomaskloster im tschechischen Brünn, Heimatkloster von Gregor Mendel, dem Vater der Genetik.

"Klösterreich ist eine gute Bühne, auf der sich Klöster präsentieren können", wirbt Abt Angerer in seiner Funktion als Mitbegründer und Obmann des Vereins. Zum einen profitierten Vereinsmitglieder vom Know-how anderer Klöster in Sachen Tourismus und Wirtschaft. Zum anderen trete man in Broschüren, und Reisekatalogen geschlossen an die Öffentlichkeit - betreut von Kulturtourismus-Profis wie Hermann Paschinger, der sich als Geschäftsführer des Vereins ein ehrgeiziges Ziel gesteckt hat: "Österreichs Stifte und Klöster sollen so bekannt werden wie die Loire-Schlösser."

Gerade eben bastelt man an einem neuen Projekt: "Reisen ins Klösterreich" soll kulturhungrige Touristen nicht nur zu Tagesausflügen in die Klöster locken, sondern auch zum längeren Bleiben einladen - und das auch bei Klöstern, die abseits der touristischen Pfade liegen. Hier könnte angesichts leer stehender Gebäude, welche die Klöster kaum noch erhalten können, ein Beherbergungsbetrieb die Lösung sein. Das Kloster der Zukunft - ein Museum zum Übernachten? "Wir wollen kein Museum sein", wehrt Abt Angerer ab. "Wir wollen nach wie vor den christlichen Glauben verkünden. Aber wieso soll das nicht beispielsweise mit Hilfe einer Biblia paupera (mittelalterliche Bilder-Bibel für Analphabeten; Anm. d. Red.) geschehen? Wir wollen unsere Klöster revitalisieren und suchen deshalb einen Zugang zu den Menschen. Und sie kommen ja zu uns. Sie suchen Sinn und Spiritualität, nicht Paragraphen! Wo hat die Kirche sonst noch eine solche Chance, mit so vielen Menschen ins Gespräch zu kommen wie in den Klöstern?" (Informationen: www.noe.co.at/kloesterreich/)

Nachfolgend einige Beispiele von Klöstern, die ihre Pforten öffnen und ihre kulturellen Schätze vor der Öffentlichkeit ausbreiten - ausdrücklich ohne Anspruch auf Vollständigkeit!

Modernes Eisen und barocke

Vergangenheit: Stift Melk

Eiserne Masken vor gold-weißen Mauern in der Abendsonne: Stift Melk, in der Touristensprache das "Tor zur Wachau", liebt derzeit die Kontraste: Im Stiftspark zeigt der Bildhauer Miguel Horn in der Sonderausstellung "Ferrum Mysticum" seine turmhohen "Fantasien in Eisen". Drinnen im Stift mit dem Prädikat "Weltkulturerbe" zeigt Paul Troger seine Fantasien in leuchtenden Barockfarben. Draußen eiserner Protest gegen Umweltzerstörung und menschliche Brutalität, drinnen die Weisheit der Pallas Athene auf Deckenfresken. Zwei Welten, zwei Künstler - Stift Melk, seit 1089 von Benediktinern bewohnt, hält so was aus. Modernes und Altehrwürdiges vom Stift zeigt auch das Stiftsmuseum in einer modern inszenierten Ausstellung des Architekten Hans Hoffer - Video-Installationen und Computeranimationen inbegriffen (Informationen: www.stiftmelk.at).

Kloster unterm Kloster:

Stift Altenburg

Jedem Kloster seinen Troger! Wie in vielen anderen Klöstern hat der "Maler des Himmels" auch in Stift Altenburg bei Horn im Waldviertel seine Spuren hinterlassen. Die Sonderausstellung 2002 führt den Besucher jedoch nicht in den Himmel, sondern durch eine groteske Unterwelt hinein in die einst verschütteten Räume des mittelalterlichen Benediktinerklosters: Vorbei an einem Drachen, der in einer Wassergrotte für immer eine steinerne Leda mit Schwan bewacht, geht es zum "Wasserraum". Hier thronen streng die Göttinnen der Weisheit und des Ackerbaus, Minerva und Ceres. Nebenan geht es lebhafter zu: Im "Tritonensaal" spielen Nymphen ihre Wasserspiele. Auch dem Harlekin im Stiegenhaus mangelt es an gebührendem Respekt. Auf einem Bein stehend, zeigt er dem erstaunten Besucher ein entrolltes Blatt Papier, auf dem ein Reigen von Harlekinen dargestellt ist.

Schluss mit lustig. Hinaus aus dem Barock hinein in die Gotik: Die herrschaftliche Veitskapelle hat wohl zum ältesten Bestand des Mönchsklosters gehört, das 1144 gegründet wurde - aus einer "alten Burg". Anders als viele andere Klöster zeigt Stift Altenburg seine mittelalterliche Ansicht aber nicht nur auf Skizzen und Fotos. Hier gibt es ein echtes "Kloster unter dem Kloster" zu sehen - mit Kappellen, Abthaus, Mönchssaal, Kapitelsaal, Refektorium, Küche und Fußbodenheizung. Das Herz des mittelalterlichen Klosters schlug aber im Kreuzgang aus dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts.

Viele Jahrhunderte lang war er unsichtbar unter Schutt verborgen. Heute ist er wieder ausgegraben und erzählt von Zeiten, in denen hier Mönche im Gebet auf und abgingen (Informationen: www.stift-altenburg.at).

Von Erdäpfeln und Rosa alba:

Stift Seitenstetten

Und gleich noch ein Rätsel: "Diese Frucht ist süß, nach Art von Mandeln, weiß und fest. Eine Menge davon hat mein Hochwürdiger Herr Abt im Garten unseres Klosters. Er hat sie durch einen belgischen Gärtner aus Antwerpen erhalten." Von welcher Frucht ist die Rede? Erraten! Es ist der Erdapfel. Das Kloster ist Stift Seitenstetten nahe Amstetten, einer der ältesten Anbauorte der Alten Welt für Erdäpfel. Und weil der Verfasser der eben zitierten Schrift als typischer Benediktiner weiß, was gut ist, folgt auch noch gleich ein Kochrezept für eine Erdäpfeltorte.

Seit dem 17. Jahrhundert blühen im barocken Klostergarten nicht nur alte Erdäpfelsorten, sondern auch traditionelle Apfel- und Birnensorten wie "Kronprinz Rudolf" oder "Braunauer Rosmarin". Wenn dann noch "La Rosière", eine alte Pfingstrosensorte, ihre rosa Pracht entfaltet, wähnt sich der entzückte Besucher endgültig im Paradies. Genau das soll ein Klostergarten von seiner symbolischen Bedeutung her ja auch sein. Und so ist es kein Wunder, dass sich letztes Jahr 6500 Gartenliebhaber ein Stelldichein zwischen Ingwer-Minze und kirgisischem Oregano gaben. Auch heuer lädt der historische Hofgarten im Juni wieder zu einer großen Gartenausstellung ein. Im Juni blühen nämlich Rosa alba "Félicité Parmentier" und ihre Schwestern! (Informationen: www.hofgarten.org)

Von Schleiern und Weinen:

Stift Klosterneuburg

Was in Österreich für den Erdapfel Stift Seitenstetten ist, ist für den Wein Stift Klosterneuburg: Nicht auszudenken, was der vinophilen Welt vorenthalten geblieben wäre, wenn die Kaiserstocher Agnes der Legende nach nicht ausgerechnet in Klosterneuburg ihren Brautschleier verloren und wiedergefunden hätte, worauf ihr frommer Gatte, der Babenberger Leopold III., dort 1113 eine Stiftskirche errichtete! Ohne Schleier keine Stiftskirche, keine Residenz, kein Kloster und in Folge auch kein Wein aus Klosterneuburg! 1133 übergab Leopold seine Kirche samt Kloster und zugehörigem Weingut den Augustiner Chorherren. Die perfektionierten den Weinbau zu einer solchen Meisterschaft, dass Napoleons Soldaten auf einem Feldzug den gesamten Weinvorrat des Stiftes leerten - auch den Inhalt des berühmten 1000-Eimer-Fasses. Aber keine Angst: Damit so etwas in Zukunft nie wieder passiert, haben die Augustiner Chorherren 1860 die erste Weinbauschule der Welt gegründet. Seitdem geht in Klosterneuburg der Grüne Veltliner nicht mehr aus - und die Klosterneuburger Weine genießen Weltruf. Na dann Prost! (Informationen: www.stift-klosterneuburg.at)

Entdeck den Mönch in dir! -

"Cisto" in Stift Lilienfeld

Zum 800jährigen Bestehen breitet das Zisterzienserstift Lilienfeld südlich von St. Pölten seine Schätze aus. Bis 27. Oktober erzählt dort die Sonderausstellung "Cisto" von der Gründung der Zisterzienser und der Besiedelung des Traisentals. Das Motto: Aus der Fülle schöpfen - Beschränkung auf den Kern. Besucher der Ausstellung sollen in Konzentration auf das Wesentliche im Leben Ruhe und Klarheit als markante Punkte der zisterziensischer Spiritualität kennenlernen. Mit dem einzigen Laienbrüderhaus Österreichs oder dem Kreuzgang aus dem 13. Jahrhundert bietet Lilienfeld architektonische Kostbarkeiten. Archiv und Bibliothek gewähren Einblicke in Musikgeschichte und Handschriftensammlung des Klosters mit ihrem bedeutendsten Exponat, der Concordantiae caritatis von Ulrich von Lilienfeld (14. Jht.). (Informationen: www.cisto.at)

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