Österreichs Pionierin der Hospiz-Bewegung

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Es war in den 70er Jahren, als der Fernsehfilm Noch 16 Tage. Bericht aus einer englischen Sterbeklinik auch in Österreich ausgestrahlt werden sollte. "Nur über meine Leiche", so das kolportierte Diktum des zuständigen ORF-Oberen jener Tage. Also blieb der Film ungesendet - nur bei Diskussionsveranstaltungen auf der Uni wurde die Schwarzweiß-Dokumentation damals hierzulande gezeigt.

Das Thema Sterben - ein Tabu, und so etwas wie Sterbe-"Begleitung" überhaupt. Ein Jahrzehnt später, 1988, als Pflegekräfte im Krankenhaus Lainz schwer kranke alte Menschen getötet hatten, kam der nächste "Schub" zur Etablierung einer Hospiz-Bewegung, viel später als anderswo - 1967 schon hatte in London die Pionierin der Bewegung Cicely Saunders (1918-2005) das erste Hospiz eröffnet.

In jenem Wiener Skandaljahr 1988/89 begann Hildegard Teuschl, die Direktorin der Wiener Caritas Lehranstalt für Sozialberufe im Jesuiten-Bildungshaus Lainz (heute: Kardinal-König-Haus), einjährige Lehrgänge für Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleitung zu konzipieren und für Berufstätige im Sozial- und Gesundheitsbereich anzubieten. 1989 begann die Caritas in Wien, mobile Hospizteams einzurichten.

Die Verbreitung der Idee und vor allem die Entwicklung und Professionalisierung von Sterbebegleitung und Palliativmedizin sind in Österreich ein wesentliches Verdienst von Hildegard Teuschl, die am 3. September ihren 70. Geburtstag feiert. Im Kardinal-König-Haus findet ihr Engagement im Kompetenzzentrum "Palliative Care" ihre Fortsetzung, dem wesentlich von ihr aufgebauten Dachverband Hospiz, der österreichweiten Vernetzung der Sterbebegleitungs-Initiativen und-Organisationen, steht sie bis heute vor. Erst in den letzten Jahren hat Schwester Hildegards Pionierarbeit auch ein wenig öffentliche Anerkennung erfahren: 2004 erhielt sie den Kardinal-König-Preis, zwei Jahre später nahm sie den Felix-Ermacora-Menschenrechtspreis entgegen.

Dabei konnten sich Hildegard Teuschls Aktivitäten auch vor 1988 längst sehen lassen. 1937 als Waltraud Teuschl in Wien geboren (der jüngere Bruder war der früh verstorbene Schriftsteller Wolfgang Teuschl, von dem die Wiener-Dialekt-Bibelübersetzung Da Jesus und seine Hawara stammt), trat sie 1962 in die von der christlich-sozialen Sozialreformerin Hildegard Burjan gegründete Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis ein.

Dass Schwester Hildegard, wie sie nun hieß, schon mit 29 Jahren Direktorin der Caritas Lehranstalt für Sozialberufe in Wien-Alsergrund (heute: Caritas-Ausbildungszentrum) wurde, zeigt, welch große Kompetenz der Ordensfrau bereits damals zugetraut wurde. Mit Recht: Unter ihrer Leitung entstand eine Reihe von Schulen und Lehrgängen, die später auch österreichweit übernommen wurden: 1972 die Fachschule für Sozialberufe, ein Jahr später für Altendienste, 1978 Lehrgänge für Behindertenarbeit, 1984 für Leitungsfunkionen in der Sozialarbeit, 1989 die Lehranstalt für Heilpädagogische Berufe.

Danach und auch nach ihrer Pensionierung als Direktorin 1998 war ihr Leib- und Lebensengagement dem Hospizgedanken verschrieben. Dass das Bemühen um ein menschenwürdiges, begleitetes Sterben - und viel weniger die Forderung nach Sterbe-"Hilfe" - in Österreich aufs öffentliche Tapet kam, dafür sollte Hildegard Teuschl nicht nur zum 70er vor den Vorhang geholt werden. ofri

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