ORF kämpft um seine Online-Rechte

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Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und private Printmedien buhlen mit ihren Web-Angeboten um die Gunst der User. Finanzierungsmodelle für Online-Medien fehlen, der Qualitätsjournalismus ist bedroht.

Es ist ein Präzedenzfall: In Deutschland haben ZDF und ARD gratis Apps zum Download angeboten, woraufhin mehrere Verlagshäuser geklagt haben. Printmedien wie Der Spiegel fürchten um die potenziellen Käufer ihrer kostenpflichtigen Apps. Inzwischen befasst sich die Europäische Kommission mit der Beschwerde der Verlage über das gratis Online-Angebot der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz.

In Österreich beschwert sich wiederum der ORF über die rechtlichen Einschränkungen, mit denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Online-Bereich konfrontiert ist: Sendungen dürfen nicht länger als sieben Tage zum Nachhören bereitstehen. Ein breit angelegtes Archiv ist nicht erlaubt. Die Landesstudios dürfen nur 80 Meldungen pro Woche bringen. Es darf keine Interaktion mit den Usern geben, soziale Netzwerke sind tabu. "Hätte der Gesetzgeber diese Haltung vor vierzig Jahren eingenommen, hätte der ORF nicht in Farbe ausstrahlen dürfen“, hieß es kürzlich beim "ORF Dialog Forum“ im Wiener Radiokulturhaus.

Demokratiepolitisch gefährlich

"Die Rechte der öffentlich-rechtlichen Medien sollten im Internet erweitert werden. Gleichzeitig müssten sie aber möglichst staatsfern aufgestellt sein, über einen starken Publikumsrat verfügen und regelmäßig durch die Wissenschaft evaluiert werden, damit eine hohe Qualität gewährleistet werden kann“, meint der Schweizer Mediensoziologe Kurt Imhof.

Sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Medien sollten aus demokratiepolitischer Sicht im Web repräsentiert sein, so Imhof. Printmedien sind schon rein wirtschaftlich dazu gezwungen, online präsent zu sein. Ohne gezielte medienpolitische Förderung werde es zu einem immer stärkeren Qualitätsverfall im Journalismus kommen. "Dann wird es billige Multikanalangebote für die Unterschicht und sehr teure Oberschichtsmedien geben, weil die Werbeeinnahmen nur mehr den Boulevard, aber nicht den Qualitätsjournalismus finanzieren können. Im werbefreien Qualitätsjournalismus wird das Abo einer Wochenzeitung 1300 Euro kosten“, prophezeit Imhof. Ein Ungleichgewicht, das die Demokratie sprengt. "Dann verlieren wir den angestrebten Traum der Moderne, eine soziale Ordnung zu haben, in der die sanfte Gewalt des besseren Arguments eine Chance hat, sich durchzusetzen“, warnt der Medienwissenschafter. Es seien grundsätzliche Überlegungen nötig, was die Demokratie braucht. Nicht, was der Markt verlangt. Nur neue Finanzierungsmodelle könnten den Qualitätsjournalismus retten, so Imhof. In den USA fungieren teils bereits Stiftungen und private Mäzene als Geldgeber.

Gegenwind bekommt der ORF nicht nur vom Gesetzgeber, sondern auch von den Privatsendern. Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) legte Beschwerde bei der Medienbehörde KommAustria ein, dass das ORF-Programm zu sehr jenen der Privatsender gleiche und auf Unterhaltung setze. Nun liegt ein Gutachten des Kommunikationswissenschafters Jens Woelke vor, das dem ORF in punkto Programmausgewogenheit bessere Werte bescheinigt.

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