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Das MAK zeigt die spannende Ornamentgeschichte und macht sie im Netz zugänglich.

Die nachzügler verlangsamen die kulturelle entwicklung der völker und der menschheit, denn das ornament wird nicht nur von verbrechern erzeugt, es begeht ein verbrechen dadurch, daß es den menschen schwer an der gesundheit, am nationalvermögen und also in seiner kulturellen entwicklung schädigt." Mit dieser Einschätzung rechnete Adolf Loos 1931 in seiner Schrift "Trotzdem" mit dem Ornament ab. Als architektonischer Mitkämpfer am Projekt der Moderne beteiligte er sich in der Frage nach dem Vorrang von Form oder Funktion mit derartig klaren Positionierungen. Die Weiterentwicklung der Kultur bestand für ihn in der Verbannung des Ornaments aus der hohen Kunst des Designs.

Nun könnte man Loos vorwerfen, er habe in seinen Entwürfen selbst auch Muster verwendet, und damit seinen Einwand leicht abtun. Aber Loos untermauert in der gleichen Schrift seine Argumentation mit einer grundlegenden Feststellung zu künstlerischen Schöpfungen. "Ein jedes kunstwerk hat so starke innere gesetze, daß es nur in einer einzigen form erscheinen kann." Überall dort, wo das Ornament sich aus diesen starken inneren Gesetzen entwickelt, hat es auch für Loos seine uneingeschränkte Berechtigung.

Die Kritik von Loos und mit ihm der gesamten Moderne am Ornament bezieht sich vor allem auf jene Entwicklungen des 19. Jahrhunderts, bei denen das Ornament zu einer unorganisch aufgesetzten Behübschung verkommen ist. Dass die Geschichte der Ornamentik im Gegensatz dazu aber mit wahren Feuerwerken an kreativen Ausbrüchen aufwarten kann, zeigt die Ausstellung "Vom Grotesken zur Grotteske" für den Zeitraum von 15. bis zum 18. Jahrhundert.

Dieser zeitliche Einstieg verweist nicht zuletzt durch die unglaublich elaborierten Ausführungen der gezeigten Werke auf eine lange Geschichte der Ornamentik. Tatsächlich weisen bereits die ältesten künstlerischen Zeugnisse der Menschheit, die sich bis in unsere Tage erhalten haben, neben anderem auch einen starken Zug zu ornamentaler Gestaltung der Arbeitsgründe auf.

Dass es sich dabei nicht um Verzierungen handelt, die man aus Zeitvertreib aufbrachte, wird anhand der Sichtweise von Loos sowohl hinsichtlich der inneren Gesetze der Kunst als auch hinsichtlich der ökonomischen Seite unmittelbar klar. Darüber hinaus würde eine rein quantitative Erstellung zweifelsohne zu einem überraschenden Ergebnis führen, wie Moritz Wullen in der Begleitbroschüre schreibt. "Tatsächlich stellte diese eigensinnige Bildform namens, Ornament' schon immer den Hauptanteil in der visuellen Kommunikation des Menschen dar. Sie überwuchert fast alles: die Architektur, die Gegenstände des Alltags, die Mode, Printmedien und sogar den menschlichen Körper in Frisuren und Tattoos."

Da verwundert es dann schon, dass die Ornamentik als Teilgebiet der Kunstgeschichte ein eher bescheidenes Randdasein zu führen hatte. Der Grund dafür mag wohl darin liegen, dass sich die Ornamentik als sehr wehrhaft gegenüber leichtschlüssigen sprachlichen Übertragungen erwiesen hat.

Am Beispiel verdeutlicht: In der Spätgotik taucht die "Krabbe" als Schmuckelement auf. Während sich aber etwa in den gleichzeitig geschaffenen Marienbildern einfache Bezüge zur mystischen Literatur herstellen lassen - die man dann in langen Texten analysieren kann -, gelingt dies bei der Krabbe nur bis zu einem eher defizitären Grad.

Umso verdienstvoller ist die Initiative, mit der das Museum für Angewandte Kunst in einer intensiven Kooperation mit der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen in Berlin und dem Kunstgewerbemuseum in Prag nicht nur vor Ort mit einer interessanten Präsentation aus der Ornamentgeschichte aufwartet, sondern darüber hinaus in einem Internet-basierten Projekt rund 32.000 Ornamentstiche online für ein interessiertes Publikum zugänglich macht.

Vom Grotesken zur Grotteske

Zur Aktualität des Ornaments

Museum für Angewandte Kunst

Stubenring 5, 1010 Wien

Bis 2. 3. 08 Di 10-24, Mi-So 10-18h

Katalog: Helena Königsmarková u.a. (Hg.), Ornamentstiche / Ornamental Prints / Ornamentální rytiny, Berlin-Praha-Wien 2007, 88 Seiten, gratis (solange der Vorrat reicht)

www.ornamentalprints.eu

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