Ortstafeln: Politik schlägt Recht

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Wolfgang Schüssel ist Jurist, Jörg Haider ist Jurist, Heinz Fischer ist Jurist - das hinderte die beiden ersten nicht daran, einen Kompromiss im Ortstafelstreit zu zimmern, der rechtsstaatlich nicht korrekt ist - denn wenn die nun beschlossenen 141 Ortstafeln der Staatsvertrags-Interpretation des Verfassungsgerichtshofes (vfgh) entsprechen würden, bräuchte man jetzt kein neues Verfassungsgesetz. Und den Bundespräsidenten hinderte sein juristisches Wissen nicht daran, das Schüssel-Haider-Abkommen als "beste Lösung, die in den letzten 50 Jahren auf dem Tisch lag" zu beklatschen.

Was ist aber dann das seit dem 13. Dezember 2001 auf dem Tisch liegende Ortstafel-Erkenntnis des vfgh gewesen? Das Erkenntnis war doch wohl die einzig "richtige Lösung" (im Sinn von rechtsstaatlich) für den Ortstafelstreit. Außerdem: In der Auslegung von im Staatsvertrag verbürgten Minderheitenrechten darf es doch überhaupt keine "besten Lösungen" geben. Da sind doch nur "richtige", dem Recht entsprechende Entscheidungen gefragt.

Wolfgang Schüssel, Jörg Haider, Heinz Fischer sind aber vor allem Politiker - und 141 Ortstafeln sind politisch die "beste Lösung": Der Bundeskanzler hat gewonnen, der Landeshauptmann nicht verloren und der Bundespräsident will Frieden. Slowenien begrüßt die Entscheidung und für die Kärntner Slowenen-Organisationen ist die Zahl 141 "der äußerst mögliche politische Kompromiss, den die slowenische Volksgruppe noch hinnehmen kann". Dafür gibt es mehr Geld für das slowenische Musikschulwesen und andere slowenische Einrichtungen - und die Hoffnung auf einen Neubeginn im Verhältnis zwischen den Volksgruppen. Und die Verfassungrichter haben jetzt auch ihre Ruh' - und sie und alle anderen durften wieder einmal dazulernen: Dass das Beste nicht unbedingt richtig sein muss.

wolfgang.machreich@furche.at

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