Ostern oder die Fastenzeit

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Zu Ostern haben die Hasen ihren Dienst getan, die Eier, sofern auffindbar, sind aufgeschlagen und verzehrt. Von nun an ist Fasten out, wäre nicht schon davor die Fastenzeit unkenntlich geworden, wie der Unterschied zwischen Alltag und Feiertag überhaupt; denn was ehedem ein Fest ausmachte - das üppige Essen, Schauspiel und Musik - ist jetzt immer und überall verfügbar, im iPod, im Fernsehen, im Internet. Und im Supermarkt.

Immerhin völlert man als gelernter Christ ab Ostern mit weniger schlechtem Gewissen. Um etwas vom verlorenen Unterschied wiederherzustellen, schlage ich eines meiner Kochbücher auf, denn es werden Gäste erwartet, und die sollen merken, dass jetzt Osterzeit ist. Großformatig und auf Kunstdruckpapier zeigt es italienische Landschaften, ihre kulinarischen Produkte und die tellerfertigen Gerichte. Die Fotos sind von betörender Schönheit, unerreichbar für den Hobbykoch. "Essensporno" sagt mein Sohn dazu, und er hat wohl Recht, obwohl ich mich mit erzieherischer Sorge frage: Wie kommt er zu dem treffenden Vergleich?

Das Abendessen mit unseren Gästen war köstlich, auch wenn ich mich hütete, die Kochbuchfotos mit aufzutischen. Seltsam aber, wie sich das Gespräch entwickelte. Ausgehend vom Lob der Speisen, erinnerte einer nach dem anderen an längst vergangene Mahlzeiten, als man noch ohne italienische, französische oder griechische Kochbücher zu Werk ging. Erdäpfelgulasch und Topfenhaluschka wurden gepriesen, eingebrannte Erdäpfel, die Waldviertler Rahmsuppe mit Kümmel, auch die Augsburger als halb eingeschnittene Knackwürste. Also dachte ich, wenn die Welt schon Kopf steht, warum dann nicht die Osterzeit zur Fastenzeit machen? Es würde der Gesundheit gut tun und spirituelle Kräfte entfesseln, die dem Glauben an die Auferstehung durchaus dienlich wären.

Der Autor ist freier Publizist.

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