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Auch die diesjährige Viennale zeigt Filme aus aller Herren Länder und so unterschiedlicher Genres, dass kein roter Faden erkennbar ist: Ein Programm, reichhaltig wie immer.

„Ein rundes Programm mit Ecken und Kanten“: So umreißt – frei nach Karl Valentin – Viennale-Direktor Hans Hurch den Inhalt des diesjährigen Wiener Filmfestivals. Von 22. Oktober bis 4. November werden über 300 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme gezeigt, von denen ein Großteil in Österreich ausschließlich im Rahmen der Viennale zu sehen ist. Raritäten, Independent- und Arthouse-Filme aus aller Herren Länder, Sozialdramen ebenso wie Horrorfilme – da ist klar, dass es kein Motto, keinen roten Faden geben kann.

Das gilt freilich nicht für die diversen Tributes (etwa für die Schauspielerin Tilda Swinton), Special Programs (etwa mit österreichischem Kino von 1906 bis 1918) und vor allem nicht für die Viennale-Retrospektive, die gemeinsam mit dem Österreichischen Filmmuseum veranstaltet wird. Das in diesem Jahr besonders ansprechende Programm der Retrospektive versammelt US-Komödien, die sich auf anarchische, unverschämte, bissige Weise über die US-amerikanische Kultur, Gesellschaft und Politik lustig machen: „The Unquiet American“, eine Anspielung auf den antiamerikanischen Roman „The Quiet American“ („Der stille Amerikaner“) von Graham Greene. Bemerkenswert dabei ist, dass es sich bei vielen – vor allem den älteren – Filmen nicht um abseitige Produktionen, sondern um Mainstream-Komödien handelt, mit Starbesetzung, anerkannten Regisseuren und von großen Studios produziert. „Komisch ist nicht nur ein Begriff für das Lustige, sondern auch für das, was nicht zu stimmen scheint“, meint Alexander Horwath, Direktor des Österreichischen Filmmuseums, wo die Streifen präsentiert werden.

Über den „unstillen“ Amerikaner

„Gentlemen Prefer Blondes“ (1953) zum Beispiel mit den beiden Sexsymbolen Marilyn Monroe und Jane Russell (Bild unten) erscheint auf den ersten Blick als buntes Filmmusical, entpuppt sich aber als bitterböse Analyse des Materialismus). Zu sehen ist dieser Klassiker am 25. Oktober. Scheinbar harmlos beginnt auch der Walt-Disney-Zeichentrickfilm „Three Caballeros“ (1944), wie alle frühen Disney-Langfilme ein Meisterwerk, der sich jedoch zusehends in etwas verwandelt, was Christoph Huber im Programmheft des Filmmuseums mit den Worten „totales Delirium, exotische und (kaum gebändigte) erotische Abstraktionen“ beschreibt (19. 10.). Dass hingegen Billy Wilders „Kiss Me Stupid“ (1964) auf derbste Weise mit den Lügen des aufrechten und anständigen Amerika aufräumt, wird schon in den ersten Minuten klar, wenn vor dem Haus des Biedermannes phallische Kakteen emporragen.

„The Ladies Man“ (1961), wo der hierzulande noch immer verkannte Jerry Lewis als Regisseur und Hauptdarsteller fungiert, ist überhaupt ein als Slapstick-Komödie getarnter Arthouse-Film: Der von einem exorbitanten Ödipuskomplex geplagte Herbert H. Heebert (Lewis) nimmt ausgerechnet einen Job als Hausmeister in einer Pension für angehende Schauspielerinnen an. Das als überdimensionales Puppenhaus gezeichnete Gebäude wird zum Spiegelbild von Herberts Unterbewusstsein, in dessen Zimmern all seine in wunderschönen Frauen personifizierten Ängste zu Hause sind – etwa in jenem verbotenen, blütenweißen Raum, in dem sich eine schwarz gekleidete Domina gleich einer Spinne von der Decke abseilt, bevor sie Herbert in eine grandiose Tanznummer verstrickt (30. 10.).

Der Altmeister der „Vulgärmoderne“, wie Filmtheoretiker das nennen, ist gleich mit zwei Filmen vertreten: „Artists and Models“ (1955) mit Dean Martin und Jerry Lewis (29. 10.) sowie „Will Success Spoil Rock Hunter?“ (1957), eine maliziöse Abrechnung mit der Werbe- und PR-Branche. Letzterer ist leider schon gelaufen, da die Retrospektive schon vor dem eigentlichen Festival begonnen hat.

Erstmals österreichische Eröffnung

Eröffnet wird die Viennale zum ersten Mal in ihrer Geschichte mit einer österreichischen Produktion, präzise gesagt: mit einer österreichisch-italienischen Co-Produktion: „La Pivellina“ von Tizza Covi und Rainer Frimmel ist ein unsentimentaler Film über Zivilcourage und den Zusammenhalt am Rande der Gesellschaft (22. 10.). Obwohl Tragisches, Sozialkritisches, Trübsinniges überwiegt, gibt es auch im Hauptprogramm hie und da Komödien. Dazu gehört „A Serious Man“ (2009) von Joel und Ethan Coen, der immerhin bei der Viennale-Abschlussgala am 4. November gezeigt wird. Im Mittelpunkt dieses Films steht ein liebender Vater, fürsorglicher Ehemann und erfolgreicher Physikprofessor, dessen Welt plötzlich in Scherben zerbricht. Dass er als strenggläubiger Jude Hilfe bei Rabbis sucht, nehmen die Coen-Brüder zum Anlass, ein Feuerwerk an haarsträubenden Pointen zu entzünden und dennoch, zumindest laut Programmkatalog, eine liebevolle Leinwand-Hommage ans Jüdischsein auf die Leinwand zaubern.

www.viennale.at, www.filmmuseum.at

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