Martin Walser - © FOTO: APA/DPA/FELIX KÄSTLE

"Das dreizehnte Kapitel" von Martin Walser: Papierene Geständnisse

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Martin Walser schreibt an seinem Thema "Liebe" weiter: Gedankenseitensprung, erotische Fantasie und Liebesverrat in Form eines Briefromans.

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Martin Walser schreibt an seinem Thema "Liebe" weiter: Gedankenseitensprung, erotische Fantasie und Liebesverrat in Form eines Briefromans.

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Martin Walser hat das neue Jahrhundert mit einem vielteiligen Altersepos über die Liebe begonnen. Nun folgt, nach dem "Lebenslauf der Liebe", dem "Augenblick der Liebe", der "Angstblüte" und "Ein liebender Mann", ein Roman in Briefen. Auch das "Das dreizehnte Kapitel" ist eine Liebesleidensgeschichte, ein Sachbuch der verliebten Seele, gedämpft durch Ironie. Das Paar: ein erfolgreicher Schriftsteller namens Basil Schlupp und eine evangelische Theologieprofessorin Maja Schneilein, beide glücklich verheiratet, er mit der schreibambitionierten Iris, sie mit dem Molekularbiologen und patentierten Firmengründer Korbinian (schon die Namen sind eine Sache für sich).

Halbierter Dialog

Schlupp und Schneilein lernen sich im grandiosen Eingangskapitel bei einem Empfang in Schloss Bellevue kennen: beim Bundespräsidenten. Darunter macht es Walser nicht, der auch den Bundestagspräsidenten auftreten lässt. Eigentlich eine spannende Ausgangslage, so Walser in einem Vorab-Interview: "Das ist ein Paar, das kann moralisch nur existieren, wenn ihre Beziehung unmöglich bleibt. Denn die sind beide glücklichst gebunden, und schreiben sich trotzdem aufeinander zu -weil sie feststellen, dass sie einander etwas sagen können, was sie sonst nirgends sagen können."

Kann das gut gehen? Um es vorwegzunehmen: nicht ganz. Der Brief ist ein schlecht geeignetes Gefäß für diese Story, und dieses Gefäß ist etwas zu voll. Was soll das heißen? Nun, die für Walsers Schreiben charakteristische Mischung aus Komik und Missmut, aus Melodram und Beichte geht im Brief nicht auf. Man merkt zu gut, dass im Gespräch jeweils der Partner abwesend ist, es bleibt ein halbierter Dialog. Allzu leicht verflüchtigt sich so der doppelte Seelenkummer der wunderlichen Tischnachbarn in papierne Geständnisse.

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