Parolen zum Neuen Jahr

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Wie haben Sie die Silvesternacht zugebracht? Kulturbeflissen, nur von philharmonischen Klängen berauscht, oder als Teil einer promillitanten Bewegung, als Lokal-Patrioten in anderer Lesart bei einem Prostkolloquium.

Welche Vorsätze für 2008 sind da in unseren Prosecco-Rezitativen laut geworden? Dass man früh die Weichen stellen muss, um Härten zu vermeiden! Dass man das Häuschen, aus dem man gerade ist, nicht jedem zeigen soll! Oder dass man - wie schon einmal an dieser Stelle verkündet - nicht jeden Bock, den man gerade schießt, gleich zum Gärtner machen darf. Ein paar sachdienliche Hinweise für künftiges Verhalten: Sagen Sie zu fremden Personen nicht leichtfertig "Schießen Sie los!". Auch vor bedenklichen Abstechern sei dringend gewarnt. Ärgern wir uns weiters nicht grün und blau, wenn naive Zeitgenossen "Die Kunst der Fuge" als einen Leitfaden für Fliesenleger verstehen oder hinter "Wallensteins Lager" einen erotischen Knüller vermuten! Ebenso hat der Titel "Dichtung und Wahrheit" aber schon gar nichts mit der löblichen Tätigkeit von Installateuren zu tun. Auch den wuchernden Anglizismen wollen wir gelassen begegnen. Warum sollten etwa Thermalbäder nicht cool sein?

Ich selbst bin zu den Feiertagen an Conjunctivitis epidemica, also einer ansteckenden Bindehautentzündung, erkrankt. Als Linguist professionell deformiert, hätte ich bei dieser Diagnose freilich eher an den wuchernden Missbrauch des Konjunktivs gedacht - nach Art des inflationären "Ich würde sagen" oder der Lieferantenfloskel "Wir wären mit der Waschmaschine da". Aber ganz im Ernst - zwei wohlüberlegte Devisen in aphoristischer Kürze seien für das Neue Jahr nachdrücklich empfohlen: Trauerarbeit lässt sich nicht im Akkord erledigen! - Man darf einen Lernprozess nicht mit dem Happy End beginnen!

Der Autor ist Professor für Sprachwissenschaft in Salzburg.

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