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In Wien kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, das Stadtgartenamt habe aufgegeben: gelb verdorrte Rasenflächen, bloßes Erdreich, Rindenstücke, und zwar nicht irgendwo in Transdanubien, sondern in der Innenstadt, auch die arme 150 Jahre alte Ringstraße trägt ein schäbiges Festtagsgewand. Gießen nütze nichts, weil alles verdunsten würde, erklären die Gartenbeamten, und der Schrebergärtner wundert sich. Die extreme Hitze hat das Problem nur verschärft, nicht verursacht. Der Freud-Park, vulgo Votivpark, zum Beispiel, in dem früher Rasensprenganlagen in Betrieb waren, ist dabei, sich in eine Gstettn zu verwandeln. Gstettn sind etwas Schönes, aber sie entstehen nicht durch gezielte Vernachlässigung; ihr Ort ist die Peripherie (wo sie zunehmend asphaltiert werden), an einem "Prachtboulevard" haben sie nichts verloren. Die balkaneske Verwahrlosung der Parks hat freilich auch mit ihrer De-facto-Privatisierung für Kommerzzwecke zu tun: im Rathauspark, auf der Kaiserwiese im Prater.

Das Wiener Stadtgartenamt hat schon vor Jahren die Flucht nach vorn angetreten: Wo man nicht mehr pflegen will, erklärt man "Die Wiese lebt" und verkündet, der Städter, der nicht mehr weiß, wo die Milch herkommt, müsse wenigstens sehen können, wie Unkraut wächst. So lebt die Wiese im Jonasreindl, wenn der Herrgott will, wenn er nicht will, dann eben nicht - der Gärtner, dessen Bestimmung in der Unterstützung himmlischer Mächte läge, verweigert den Dienst. Fleißiger ist man beim Bäumefällen. Für die klimatisch so essentiellen Neupflanzungen jetzt einmal ein konstruktiver Vorschlag: Platanen. Der Griechen heilige Symbole des Wechsels und des Eros sind schön, werden alt und mächtig, vertragen Hitze, Schadstoffe und Trockenheit. Das wussten schon die Ringstraßenerbauer. Also, liebe Stadtgärtner, pflanzt nicht uns, pflanzt lieber Platanen!

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin

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