Sinne - © Illustration: iStock/tomozina

Corona: Zeit für „Be-Sinnung“

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Berührung, Geruch und Geschmack werden in der Moderne als „niedere Sinne“ abgewertet. In der Coronakrise drohen sie nun auch in dauerhafte Quarantäne gesperrt zu werden.

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Berührung, Geruch und Geschmack werden in der Moderne als „niedere Sinne“ abgewertet. In der Coronakrise drohen sie nun auch in dauerhafte Quarantäne gesperrt zu werden.

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Die Corona-Pandemie wird vielfach auch als ein den Umständen geschuldetes Sozialexperiment betrachtet (Anhänger von Verschwörungstheorien glauben sogar, dass dieses absichtlich herbeigeführt wurde). Hat sich bislang allein die Einschränkung der physischen Sozialkontakte als probates Mittel für die Eindämmung der Epidemie erwiesen, so gleicht unsere aktuelle Situation einer Apotheose der Moderne, die sich in einen Albtraum verwandelt hat.

Gemeint ist damit die weitgehende Betäubung (Anästhetisierung) gerade jener Sinne, die ohnehin in unserer Kultur traditionell abgewertet wurden und im Zuge des sogenannten Zivilisationsprozesses aus der Öffentlichkeit ins Private verbannt wurden. Berührungen, Gerüche und Geschmäcker wurden seit der Antike als „Nah- und Mittelsinne“ betrachtet. Die westliche Moderne bekämpfte diese „niederen Sinne“ explizit als animalisch, instinktiv, irrational und daher unkontrollierbar. Lange Zeit wurde sogar ihre wissenschaftliche Thematisierung mit Tabus belegt. Die Wiederentdeckung der Leiblichkeit im Kontext der Postmoderne hat den Status dieser ­„Sekundärsinne“ im akademischen Milieu maßgeblich rehabilitiert. Inzwischen ist ihr Beitrag etwa zur Entstehung von Gemeinschaften, zur nonverbalen Kommunikation oder zur atmosphärischen Prägung eines Ortes weitgehend anerkannt.

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