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Ein Weg in die Philosophie nach Peter Wust

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Denken und Erkennen. Von Walter Theodor Cleve. Verlag Lechte, Emsdetten (Westf.), 1952

246 Seiten

Der Verfasser, einer der letzten Schüler des Philosophen von Münster, hat diese Erkenntnislehre an das von Wust in den Jahren 1930 bis 1939 alle zwei Semester gehaltene Kolleg „Logik“ sowie an die Werke seines Lehrers angelehnt. Viele Einführungen in die Philosophie sind in den letzten Jahren geschrieben worden, aber als Vervollkommnung der scholastischen Methode verdient dieses Werk besonderer Erwähnung. „Immer wieder einmal und mit Nachdruck hat Wust in seinen Vorlesungen den großen Irrweg der Philosophie der Neuzeit gegeißelt, die Grundlegungsfragen rein formalistisch und ohne Verbindung mit der Metaphysik behanden zu wollen.“

Die Hauptteile des Werkes sind dem Erkennen (der materialen Logik) und dem Denken (der formalen Logik) des Menschen gewidmet, wobei der erste Teil rund drei Viertel ausmacht. Klar, ruhig und doch mit leidenschaftlicher Hingabe an die „scientia humanissima“ sind diese Seiten geschrieben. Ueber die Phänomenologie der Erkenntnis steigt man zum reichsten Teil des Werkes auf: zu den Kapiteln über Wahrheit und Gewißheit. Gleich zu Anfang liegt aber der Akzent nicht auf dem Wissen, sondern auf der Ehrfurcht. „In der Erkenntnisrelation ist das Objekt immer das Maß-gebcnde, das Subjekt das Maß-nehmende. Das verlangt vom Subjekt das natürliche Ethos der Objektivität... Die ,reflexio' muß durch die ,devotio' diszipliniert und gebannt werden.“ Immer ist die Geschichte der Philosophie bis in die neueste Zeit hinein in reichem Maße herbeigezogen.

Die Kerngedanken von Wusts zuletzt vollendetem Werk „Ungewißheit und Wagnis“ (einer späteren Auflage wollte er den Titel „Ungeborgen-heit und Wagnis“ geben) finden wir in diesen Kapitel verarbeitet. „Das Große und Bedeutungsvolle, das in den ganzen jahrhundertelangen philosophischen Bemühungen seit dem neuzeitlichen revolutionären Umbruch vom Sein zum Bewußtsein, von der Metaphysik zum Kritizismus zu erblicken ist, ist die Entdeckung des „Insecuritas-Abgrundes unter der menschlichen ,ratio“. Könnten wir philosophisch mit mathematischer Sicherheit erkennen, so wäre eben nicht mehr der Mensch Ausgangs- und Zielpunkt der Philosophie, der doch immer wieder nach der endgültigen Sekurität ringt und dann doch immer wieder in seine wesensmäßige Insekurität zurückgeworfen wird“; die Ungesichertheit des Menschen ist der tiefere Grund für die Ungesichertheit der Philosophie als Wissenschaft. So ungesichert steht der Mensch auch dem philosophischen' Gottesproblem gegenüber. Könnten wir die Existenz eines höchsten Wesens mit mathematischer Gewißheit erweisen, dann wären wir ja mit diesem Sachverhalt ebenso ein für allemal fertig wie etwa mit dem Sachverhalt des pythagoreischen Lehrsatzes. Denker, die mit Gott nicht rechnen, sind daher nicht ohne weiteres Toren oder böswillige Verführer. Glaubensgewißheit steht eben jenseits aller in der Erkenntnislehre zu nennenden Gewißheitsgrade; sie ist eine Gnade (vgl. Scheebjns Beweise für die Indemonstrabilität der Glaubenswahrheiten in „Mysterien des Christentums“).

Als Abschluß der materialen Logik entwickelt Cleve das Transzendenzproblem als Problem der Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung Kants, da ja ohne diesen „tatsächlich die nachkantische Philosophie bis heute, die Existenzphilosophie ein-

geschlossen, nicht verständlich ist“. Die formale Logik folgt der traditionellen Einteilung: Lehre vom Begriff, vom Urteil und vom Schluß. Die paar Seiten über die logische Methodenlehre zeigen ein letztes Mal, wie Pfleger und Cleve recht haben, Wust einen christlichen Existenzphilosophen zu nennen: „Im System liegt eine große Gefahr für die Philosophie. Als Wissenschaft kann sie der Systematik nicht entraten. Des Systems im Sinne der Abgeschlossenheit muß sie sich ständig erwehren, um nicht festzufahren in Gesichtertheit und Dogmatismus. Philosophieren und Wohnen in abgeschlossenem Besitz schließen einander aus.“ Weil Philosophie die menschlichste aller Wissenschaften ist, wird man von ihr stets sagen müssen: „Daß du nie fertig wirst, das macht dich groß.“

Ein vortrefflicher Weg in die Philosophie ist da aufgezeigt, zugleich ein schönstes Zeugnis für den verstorbenen Denker. Man wird darüber kaum Besseres sagen können, als was Dr. Zylmann, Professor der Hamburger Universität, schrieb: „Hätte ich damals als erstes Semester ein solches Buch in der Hand gehabt, dann hätte ich mir manche Mühe und Umwege ersparen können. So möchte ich, daß %das Buch in möglichst viele Studentenhände gelangt.“ Dr. Johann Keck ei

Praktische Pastoralpsj chologie. Von Willibald D e m a 1. Zweite erweiterte Auflage. Verlag Herder, Wien 1953. 408 Seiten. Preis 76 S.

Die Pastoralpsychologie von W. Deraal ist soeben in zweiter Auflage erschienen. 1952 wurde in Roermond eine holländische Uebersetzung herausgebracht, wegen einer italienischen und einer englischen schweben Verhandlungen. Für ein wissenschaftliches Werk ein beachtenswerter Erfolg. Sollen wir angesichts dieser Tatsachen die, wie der Verfasser selbst zugibt, berechtigten Vorbehalte wiederholen, mit denen das Buch von der Fachkritik aufgenommen wurde? Zum Beispiel, daß es dem Autor nicht vollkommen geglückt ist, die Fülle des Stoffes, die das Werk enthält, zu einer homogenen Einheit zusammenzuschmelzen; daß die Fachliteratur, die allerdings fast unübersehbar geworden ist, nicht genügend berücksichtigt wurde, und noch manches andere? Daß das Buch kein einheitliches Ganzes ist, ergibt sich schon daraus, daß es in drei deutlich voneinander geschiedene Teile zerfällt, die ihrerseits wieder teilweise rhapsodischen Charakter aufweisen. Vieles, das die Kritik vorbrachte, hat der Verfasser zu verbessern versu.cht, einzelne Partien des Buches hat er neu bearbeitet. Im einzelnen wären natürlich manche Randbemerkungen anzubringen. Sicher ist jedenfalls: die Seelsorger, namentlich die jüngeren, haben sich durch die Kritik nicht abschrecken lassen, das Buch zu kaufen und zu benützen. Und warum? Weil sie es einfach brauchen und auch wirklich brauchen können, wenn es auch noch nicht „die“ Pastoralpsychologie ist, die, auf der Höhe der Wissenschaft wandelnd, einmal erscheinen und allen Anforderungen genügen wird. Diese aber wird sich glücklich schätzen dürfen, wenn ihr der Bucherfolg beschieden sein wird, den dieses bescheidenere, für die Praxis geschriebene Werk erleben durfte.

Prof. Dr. Karl S c,h m i d t *

Die Rainer. Von Bruno Spitzt. Salzburger Druckerei und Verlag, Salzburg. 350 Seiten.

Für den Veteranen der kaiserlichen Armee bedarf dieser Buchtitel kaum einer Erklärung. „Die Rainer“ — damit kann doch nichts anderes gemeint sein, als jenes prächtige Regiment, welches von vielen nie anders genannt wurde als mit dem Namen seines letzten Oberstinhabers, des Erzherzogs Rainer, und unter diesem Namen in Altösterreichs letztem Kampf Taten vollbracht hat, die mehr als würdig waren des Ruhmes, den es sich von seiner ersten Aufstellung an, im Jahr vor dem großen Türkensturm auf Wien, auf hundert Schlachtfeldern errungen hatte. Und wirklich sind es die Infanteristen mit den orangefarbenen Aufschlägen und gelben Knöpfen, die braven „Landler“ aus Salzburg und dem oberösterreichischen Innviertel, denen hier ein Denkmal gesetzt ist. In einfacher und schlichter Form, und gerade dadurch tief ergreifend, erzählt der Autor, ein Benediktinerpater von der Erzabtei St. Peter in Salzburg, was er vom Herbst 1914 bis fast zum Kriegsende als Feldkurat bei den Neunundfünfzigern erlebt hat; in der Schwarmlinie und auf dem Hilfsplatz, unter schwerem Feuer oder hinter der Front auf Retablierung, auf mühseligen Märschen unter der glühenden Sonne des sommerlichen Ga-liziens oder im Eis und Schnee.der Hochgebirgs-stellungen auf dem italienischen Kriegsschauplatz. Wir folgen ihm von Krakau nach Kocmyrzöw, nach Radlöw und Janowice, in die Karpaten und auf das Schlachtfeld am San, nach Luck, Olyka und an Putilowka; dann nach dem Südwesten, auf die Hochfläche von Folgaria und den Monte Majo; auf den heiligen Berg der Rainer, den blutig umstrittenen Monte Cimone; nach Caporetto und hinunter in die friaulische Ebene. Ein Weg, der Zeugnis ablegt für die soldatische und die einfach menschliche Größe der Tapferen, denen ein getreuer Freund und Kamerad und Helfer in schwerster Stunde diese Erinnerungen des Herzens gewidmet hat.

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