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Goldwatcr — auf katholisch ?

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Dr. Drimmel hat sich als Unterrichtsminister nach Kräften bemüht, diesem Konzept auf akademischem Boden zum Durchbruch zu verhelfen. Die Früchte dieser Tätigkeit sind uns im Fall Borodajkewycz deutlich sichtbar geworden. Professor Borodajkewycz liegt, wenn man von einigen kompromittierenden Äußerungen absieht, die die Sprachregelung der neuen Spielart des Rechtskatholizismus unberücksichtigt ließen, durchaus auf der Linie dieses Konzeptes. Das Konzept Dr. Drimmels ist eine katholische Variation des Goldwater-Konzepts der Mobilisierung aller Kräfte gegen links, der Beschwörung aller reaktionären Mächte, um das Rad der Oegen-wartsgesellschaft zurückzudrehen und eine gesellschaftliche Ordnung mit stark autoritären und geistig unfreiheitlichen Zügen zu etablieren, ein Haus mit einer strikten und patriarchalisch überwachten Hausordnung einzurichten und jedem den Eintritt in dieses Haus zu verwehren, der sich nicht als pünktlicher Mieter und Zahler im Rahmen eines ihn gegen die feindliche Außenwelt hermetisch abgrenzenden Vertrages aufweist. Dieses Konzept, das Dr. Drimmel vor Jahren vor Burschenschaftern und katholischen Lehrern, in Pfarrversammlungen und bei Grundsatzschulungen der katholischen Hochschüler entwickelte, ist aber nicht nur nicht geeignet, den Hauptzweck, dem es angeblich dient, nämlich die Abwehr des Kommunismus, zu erreichen, es ist ein gefährliches Einfallstor für Geister und Irrlichter aller Art, die sich unter dem Schutze der neugeschaffenen Gemeinsamkeit von rechts zum Schaden der österreichischen Demokratie breitmachen können.

Die Verwirklichung dieses Konzeptes würde in Österreich die Verankerung einer neuen, ideologiisch zementierten Form des Bürgerblok-kes bedeuten und vieles von dem in Frage stellen, was in mühsamer Arbeit gemeinsam aufgebaut wurde. Ganz abgesehen davon erhebt sich die Frage, ob dieses Konzept wirklich geeignet ist, eine globale Zukunftsperspektive zu erschließen. Ist es nicht bloß ein Konzept für zehn Jahre und für einige west- und mitteleuropäische Länder, ein Rückzugsgefecht und VerzweMungspro-tett angesichts einer zivilisatorischen Entwicklung in West und Ost, die echte Werte zum Verschwinden bringt? Man kann die Besorgnisse Dr. Drimmels über die gesellschaftliche Entwicklung in vieler Hinsicht teilen, ohne sein Rezept für möglich und tragbar zu halten. Ebensowenig wie es möglich ist, aus dem modernen Wohlfahrtsstaat auszubrechen und in die imaginäre Geborgenheit einer reaktionär erträumten organischen Ordnung zu flüchten, die in der gesellschaftlichen Realität auf den von Dr. Drimmel rhetorisch oft bekämpften Interessenkapitalismus hinausläuft, ist es auch unmöglich, dem geistigen Druck einer in ihrer Pluralität beunruhigenden Gesellschaft durch Rückfall In eine Form der geschlossenen Gesellschaft auszuweichen. Es gibt nur einen Weg zur Überwindung der geistigen und sozialen Krisen unserer Zivilisation: gemeinsame Bändigung verhängnisvoller Gewalten durch alle tragenden sozialen und geistigen Kräfte, durch Besinnung und Berufung auf gemeinsame Werte, die nicht bloß leere Phrasen, sondern hart erkämpfte historische Spuren und Realitäten sind. Diese gemeinsame Verteidigung von Werten der pluralistischen Gesellschaft mutet allen weltanschaulichen Gruppen und sozialen Verbänden Opfer und Konzessionen zu, alle Systembildungen der Vergangenheit, ob sie marxistischer oder ständestaatllcher, ob sie nationalistischer oder klerikaler Herkunft sind, werden vom Ideal dieser auf Ausgleich und Versöhnung hinsteuernden Gesellschaft in ihre Sehranken gewiesen. Die Vergangenheit hat gelehrt, daß die Möglichkeit der ungehemmten Verwirklichung der eigenen umfassenden Vorstellungen im gesellschaftlichen Raum letzten Endes der eigenen Idee schadet und diese ohne den Zwang zur ständigen Konfrontation und Konkurrenz mit anderen Ideen unfruchtbar wird oder entartet.

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