Jacob Taubes - © Foto: picturedesk.com / Ullstein Bild / Mehner

Jacob Taubes: Der Denker der Apokalypse

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Er war ein Kosmopolit, Gesellschaftskritiker, Freigeist, Aktivist und eine exzentrisch-schillernde Persönlichkeit. Zum 100. Geburtstag des Religionshistorikers und Philosophen Jacob Taubes.

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Er war ein Kosmopolit, Gesellschaftskritiker, Freigeist, Aktivist und eine exzentrisch-schillernde Persönlichkeit. Zum 100. Geburtstag des Religionshistorikers und Philosophen Jacob Taubes.

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Jacob Taubes gilt als eine schillernde Gestalt, die eng gezogene Grenzen von Fachdisziplinen überschritt. Als Rabbiner war er mit den Schriften der jüdischen Tradition bestens vertraut. Er verband sie mit der Interpretation von gnostischen und christlichen Texten. Gleichzeitig war er ein radikaler Gesellschaftskritiker, der mit seinem Freund Herbert Marcuse das kapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ablehnte. Im Gegensatz zu den Vertretern der Frankfurter Schule wie Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, die sich in den Elfenbeinturm einer am Marxismus orientierten elitären Theorie zurückzogen, beteiligte sich Taubes als Aktivist an den Studentenprotesten des Mai 1968. Als Kosmopolit wirkte er als brillanter Gesprächspartner, der sich „wie ein Fisch im Wasser“ in den akademischen Zirkeln von New York, Paris, London, Jerusalem und Berlin bewegte.

Seine exzentrische Persönlichkeit polarisierte. Während zahlreiche Wissenschafter seine umfassenden Kenntnisse schätzten, die er mit rhetorischem Aufwand zu präsentieren wusste, sahen andere Gelehrte in ihm eben deswegen einen Hochstapler, Angeber und sogar einen notorischen Lügner. Zu seinem schlechten Ruf trug auch bei, dass er als ein Eroto­mane galt, der seine Sexualität hemmungslos auslebte.

Die schlechteste aller Welten

Der an der katholischen Universität in Washington emeritierte Historiker Jerry Z. Muller hat vor Kurzem eine umfangreiche Biografie des anarchischen Gelehrten vorgelegt, die den Titel „Professor der Apokalypse: Die vielen Leben des Jacob Taubes“ trägt. Sie ist das Ergebnis einer langjährigen Beschäftigung mit dem Leben und Werk des Religionsphilosophen, in dem zahlreiche Freunde und Gegner zu Wort kommen.

Geboren wurde Jacob Taubes am 25. Februar 1923 in Wien als Sohn eines rabbinischen Gelehrten. Die sich abzeichnende Herrschaft der Nationalsozialisten in Österreich veranlasste die jüdische Familie, 1936 nach Zürich zu emigrieren, wo Taubes eine Ausbildung zum Rabbiner erhielt; danach studierte er in Zürich Philosophie und Geschichte. 1947 promovierte er mit einer Arbeit über die „Abendländische Eschatologie“. Dieses Buch gilt heute als Hauptwerk des jüdischen Religionsphilosophen, in dem es um Endzeiterwartungen ging, wie sie im Alten und Neuen Testament, in gnostischen Schriften, in Visionen des mittelalter­lichen Mönchs Joachim von Fiore und sogar in den Texten von Karl Marx formuliert wurden.

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