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Kirche und Demokratie

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Vom 31. Mai bis 2. Juni ist „Kirche und Demokratie” Thema eines Symposiums in Graz.

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Vom 31. Mai bis 2. Juni ist „Kirche und Demokratie” Thema eines Symposiums in Graz.

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DIEFURCHE: Was halten Sie von der Demokratisierung der Kirche? BlCHARD Potz: Vor 40 Jahren war daran nicht zu denken. Doch die rechtliche Umsetzung der durch das Zweite Vatikanum wiederentdeckten Sicht der Kirche als Gemeinschaft brachte große Veränderungen. Das neue Verständnis ist mit wesentlichen Elementen des demokratischen Ver-fassungs- und Bechtsstaates verbunden etwa die Normierung verschiedener Formen der Partizipation.

DIEFURCHE: Wie kam es dazu? potz: Die Umsetzung demokratischer Strukturen entspricht nicht nur einer Anpassung an den Zeitgeist, sondern einem fundamentalen christlichen Weltverständnis von Eigenverantwortung und Selbstbestimmung. Daß dies in der europäischen Geistesgeschichte als Folge neuzeitlicher Säkularisierung, nicht als direktes Ergebnis kirchlichen Handelns wirkmächtig wurde, gehört zur Tragik des Verhältnisses der Kirche zur Moderne.

DIEFURCHE: Hängen die Kirchenmodelle vom jeweiligen sozialphilosophischen Hintergrund ab? potz: Eindeutig. So ist der altkirchliche Schlüsselbegriff „Gemeinschaft der Heiligen” in die Koinonia-Lehre des Aristoteles eingebettet. Das spätrömisch-byzantinische Modell einer Einheit von Religion und Politik führte im Mittelalter zur Lehre von der Kirche als Monarchie. Später übernahm die Theologie die Grundelemente einer vom Absolutismus geprägten Staatlichkeit.

DIEFURCHE: Was würden Sie der Kirche heute raten?

POTZ: Sie sollte sich nicht an überkommene, absolutistische Modelle festklammern, sondern die längst fällige Inkulturation in demokratisch-rechtsstaatliche Strukturen konsequent in Angriff nehmen. Leider hat das mittelalterliche Konzept eine derartige Verinnerlichung erfahren, daß die Demokratisierung oft mit dem an Banalität kaum zu übertreffenden Argument „über Glaubensinhalte kann nicht abgestimmt werden” zurückgewiesen wird - als ob das Wesen der Demokratie in der Disposition über ihre eigenen Grundlagen bestünde.

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