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Neues Testament - neu ubersetzt

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Da Nene Testament. Neu übersetzt von Franz Sigge, mit Anmerkungen von Heinrich Vogels. Jakob Hegner, Köln und Ölten. 439 Seiten

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Da Nene Testament. Neu übersetzt von Franz Sigge, mit Anmerkungen von Heinrich Vogels. Jakob Hegner, Köln und Ölten. 439 Seiten

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Kaum hat die katholische Oeffentlichkeit Gelegenheit gefunden, die Auswahlbibel in neuer Ueber-( Setzung vom Kösel-Verlag (1957) zur Kenntnis zu nehmen, und schon erscheint eine neue katholische Uebertragung, jetzt des ganzen Neuen Testaments, von Franz Sigge, der den Text bereits 1942 im wesentlichen fertiggestellt hatte Auch diese Arbeit verdient unsere besondere Aufmerksamkeit, weil der Uebersetzer sichtlich — und mit Erfolg — bestrebt war, die ganz eigentümliche Wirkung des Originals auf den Leser zu übertragen. Diese Werk will nämlich nicht studiert, sondern gelesen, laut vorgelesen und für die Betrachtung benützt werden. Darum sind auch die Verszahlen im Text nicht angegeben, was wir — trotz aller Begründung — doch bedauern. Im Nachwort gibt der Uebersetzer die Prinzipien bekannt, von denen er sich bei seiner Arbeit leiten ließ. Er will den griechischen Urtext „sprachlich klar und philologisch treu“ wiedergeben. In dieser Treue ist Sigge sehr weit gegangen, denn sogar Wortstellungen und Satzgefüge des ursprünglichen Textes wurden, wo möglich, beibehalten. Auch der Wechsel der Zeiten, besonders der sprunghafte Uebergang vom Präsens zum Imperfekt bzw. Aorist im selben Satz, blieb bewahrt, aber dies stört ebensowenig wie im Original. Im Gegenteil: Der Eindruck ist um so lebendiger. *

Gerade in dieser Hinsicht unterscheidet sich diese Uebertragung von den früheren nach dem ersten Weltkrieg, die noch stark unter dem Eindruck und Einfluß von Deißmanns „Licht vom Osten“ standen. Da die Papyruskunde dargelegt hatte, daß die Sprache des Neuen Testaments großenteils der einfachen Volkssprache (koine) der zeitgenössischen Papyri entsprach, bekundete sich das Streben, auch die Uebersetzung möglichst einfach, volkstümlich, kurant beziehungsweise „modern“ zu gestalten. Die in früheren Jahrhunderten mit religiöser Hingabe gepflegte, etwas gehobene „Sprache der Bibel“ mußte, dem Charakter einer Volkssprache entsprechend, einen Teil ihrer Feierlichkeit einbüßen. Dieser Tendenz der Nivellierung hat Sigge sich nicht angeschlossen. In Uebersetzungen der zwanziger Jahre ermahnt Paulus die Gemeinde von Thessalonich, „den Kopf nicht zu verlieren“, statt wie früher und auch jetzt bei Sigge und Kösel sich nicht „erschrecken“ oder „keine Angst einjagen“ zu lassen. Die Zeugen der Parousia werden a&f Ifen WoIMh einfach „weggeführt“, statt „entrückt“, wie bei Sigge und Kösel. Ersterer versucht tatsächlich, den sakralen Charakter in seiner Uebersetzung durchklingen zu lassen und strebt daher wieder eine gehobene Sprache an, die auch dem Urtext entspricht. So übersetzt Sigge das griechische „aei“ mit „immerdar“ und greift auf andere ältere Ausdrücke und Formen, die feierlicher wirken, zurück. Er erklärt in seiner Verantwortung, daß über allen Schriften, auch über jenen Teilen, die alltägliche Gegebenheiten widerspiegeln, ein Hauch echter Devotio liegt, so daß dieser Tatsache auch in der Uebersetzung Rechnung getragen werden müßte.

Diese Auffassung hängt mit der wiedergewonnenen Einsicht zusammen, daß die neutestamentlichen Schriften — auch wenn ihre Sprache großenteils dem Wortschatz der „koine“ entspricht — schon von Anfang an ganz bestimmten religiösen Zwecken dienten. Sie waren in eine religiöse Umwelt mit konkret feststellbaren paränetischen, kerygmatischen, liturgischen, kultischen, gemeindetheologischen und praktischen (Vorlesung der Briefe) Funktionen eingeordnet und atmeten daher eine entsprechende feierliche Atmosphäre. Diese Einsicht hat die richtig verstandene Formgeschichte bestätigt,.. aber nicht nur dies hat Sigge in seiner Uebertragung berücksichtigt, sondern auch die Tatsache, daß die erste christliche Gemeinde einen eigenen religiösen Wortschatz entwickelte (z. B. agape gegenüber eros) und besonders, daß die griechische Sprache „teils mehr, teils weniger vom semitischen Sprachempfinden geformt und gefärbt“ ist. Auch diese Färbung schillert in der Uebertragung durch, z. TJ. in Mt. 2, 10, wo es wieder heißt: „Sie freuten ich gar sehr in großer Freude“, statt der quasi-modernen und verflachten Wiedergabe: „Sie freuten sich außerordentlich“ oder „ungemein“. Auf diesem Weg hat Sigge viele glückliche Uebersetzungslösungen gefunden: adorare (pro-skynesis) wird z. B. „huldigen“, von Judas, „qui Haderet eum“ heißt es bei Sigge nicht „der ihn verrie.t“ oder „auslieferte“, sondern „überantwortete“. „Amen, Amen“ bleibt in dem ursprünglichen Wortlaut beibehalten, der „Bach“ Kedron heißt, mit Rücksicht auf die griechische Wurzel, „Winterbach“, Schrift-gelehrte treten als „Schriftkundige“ auf, und vor allem „unigenitus“ wird nicht durch „eingeboren“, sondern weit besser durch „einziggezeugten“ wiedergegeben. Gelegentlich geht dieser frische Purismus unseres Erachtens etwas zu weit, z. B. im Johannesprolog: „Von Ur an war das Wort“, Gal 2, 9: Sie gaben ihnen die „Rechte der Gemeinschaft“, statt „reichten ihnen die Bruderhand“ oder „Gott sieht nicht auf das Gesicht eines Menschen“ (Gal. 2, 6), während Sigge den gleichen Ausdruck in Rom. 2, 1, richtig übersetzt: „Ansehen der Person“. Weniger glücklich ist auch Gal. 2, 16, wo „nur“ über-fiüssigerweise hinzugefügt wird (Rechtfertigung „nicht aus Gesetzeswerken, sondern nur durch den Glauben“), wozu Sigge sich Rom. 3, 28, glücklicherweise und mit Recht nicht entschlossen hat, vielleicht durch Luther gewarnt, der hier „allein“ (sola fide) eingefügt hatte.

Das sind aber Einzelheiten, über die man streiten kann und die teilweise auch vom subjektiven Sprachgefühl abhängen. Als solche bedeutet diese Uebertragung einen erfreulichen Fortschritt: sie ist treu und formschön, sie trägt jeweils der Farbigkeit der einzelnen Teile Rechnung und entspricht vor allem dem gehobenen, ausgesprochen Teligiösen Charakter des Originals. Somit ist das Werk tatsächlich ein Buch der Andacht und Erbauung, wie es die Absicht de Uebersetzers war. Die kurzen Einleitungen und sprachlich-sachlichen Erläuterungen hat der bekannte Textkritiker H. Vogels beigesteuert. In der typographischen und buchtechnischen Ausstattung verrät sich — wie immer — die kundige und sorgfältige Hand Jakob Hegner.

Soldatentaschenbuch* Herausgegeben von Werner Kunzenmann. 4. Auflage: 12. bis 16. Tausend. Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien-München.

Die Tyrolia hat Grund zur Freude. Sie konnte bereits die 4. Auflage ihres für die Rekruten de Bundesheeres bestimmten „Soldatentaschenbuches“ in Druck geben. Und wir freuen uns mit ihr. Verlag und Herausgeber haben es sich nämlich nicht leicht gemacht und legen eine vollkommen neu durchgearbeitete Auflage vor, die eine Reihe von Anregungen verwertet, die auch an dieser Stelle anläßlich des Erscheinens der 1. Auflage (vgl. „Die Furche“, 24. November 1956) gemacht wurden.

Neben Ergänzungen des praktischen, für den militärischen Alltag bestimmten Teile fällt vor allem angenehm der Ausbau und die geistige Fundierung der staatspolitischen Kapitel auf. In Wort und Bild wird dem jungen Soldaten hier das vermittelt, woran es ansonsten mitunter aus den verschiedensten Gründen leider mangelt: das Verständnis und die Liebe zu einer wirklich österreichischen Soldatentradition. (In der Seite der Traditionstruppen des alten österreichischen Heere wäre allein ein Druckfehler zu berichtigen. Das Infanterieregiment Hoch- und Deutschmeister hatte bekanntlich die Nummer 4 und nicht, wie auf Seite 141 zu lesen ist, Nr. 1. Das Infanterieregiment Nr. 1 führte den Namen „Kaiserinfanterie“.)

Auch die „Lieder für Marsch und Lager“ wurden einer erfreulichen Sichtung unterzogen. Vielleicht kann die vorgelegte Auswahl mithelfen, daß der „Westerwald“ und andere Lieder „aus jenen Tagen“ endlich vom Repertoire auch der letzten Kompanie unseres Bundesheere verschwindet. Zeit wäre es allmählich...

Georges Bernaues. Ein Brevier, eingeleitet und ausgewählt von Johannes S o f e r. Stifter-Bibliothek, Salzburg-KIosterneuburg. 78 Seiten.

In der umsichtigen Stifter-Bibliothek legt der Wiener Universitätsdozent für romanische Philologie, Johanne Sofer, ein kleines Bernanos-Brevier vor. Es kommt zu guter Zeit. Ist doch 1958 ein „Ber-nanos-Jahr“. Eben gedachte man der 70. Wiederkehr de Geburtstages dieses großen streitbaren Franzosen, in wenigen Monaten — 5. Juli — sind es *ehn Jahre, daß er von dieser Welt, die er mit Worten so hart geißelte und doch so liebte, schied.

Johannes Sofer gibt nach einem einführenden Lebensbild vor allem Stellen aus bereits ins Deutsche übersetzten Romanen und Pamphleten wieder, die un vor allem geeignet scheinen, diesen Werken einen neuen Leserkreis zuzuführen. Auf Bernanos neugierig machen: Gibt es eine schönere Aufgabe für ein Bernanos-iBrevier? Wir glauben nicht.

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