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Schofungsglaube und Evolutionstheorie

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Eine Vortragsreihe bekannter Theologen und Naturwissenschaftler. A. Kröner Verlag, Stuttgart, 1955

Es ist sehr zu begrüßen, daß hier in leicht zugänglicher Form eine Reihe von ausgezeichneten Abhandlungen vorgelegt wird, die „Schöpfungsglaube und Evolutionstheorie“ behandeln. Der Leser soll also nicht zur Entscheidung in dem angeblichen Widerspruch zwischen Glaube und Naturwissenschaft aufgerufen werden, wie er als tragisches Mißverständnis und böswillige Versuchung das Denken von drei bis vier Generationen beherrscht hat. Das Vorwort betont „den Willen zur Verständigung darüber, daß die Aussagen der Genesis und der Naturwissenschaft verschiedenen Bereichen unserer Erkenntnis angehören, die sich nicht ausschließen, sondern nebeneinander bestehen und innerlich einander zugeordnet sind“. Damit wird richtig jene Einstellung charakterisiert, die heute von der überwiegenden Mehrzahl der ehrlich um ein christliches Weltbild ringenden Gebildeten eingenommen wird Der Ernst und das Niveau der Beiträge entspricht den Richtlinien, die von Papst Pius XII. bei wiederholten Gelegenheiten für die Behandlung von Grenzfragen zwischen Glauben und Naturwissenschaft gewiesen worden sind und mit denen der hl. Vater gerade auch die Fragen der Abstammungstheorie der Diskussion empfohlen hat.

Nach einem allgemeinen religionsgeschichtlichen Ueberblick von G Mensching behandelt G. v. Rad die besondere theologisch-historische Eigenart des biblischen Schöpfungsberichtes. Die Beiträge der Theologen gipfeln in dem feinsinnigen Aufsatz von

G. Bornkamm über den Schöpfungsglauben des Christen. Die katholische Theologie kommt mit Heimo Dolch erst im Schlußgespräch zu Wort, gemeinsam mit dem Kirchenhistoriker v Campenhausen, dem Astronomen O. Heckmann und dem Biochemiker

H. Staudinger. Der quantitativ umfangreichere Beitrag der Naturwissenschaftler besteht in einer Darstellung der Geschichte der Abstammungslehre durch G. Heberer, einem Beitrag über die Evolution der Organismen von L. v. Bertalanffy, in dem auch die moderne Genetik Berücksichtigung findet, einem Beitrag von A. Portmann, einer kurzen Darstellung des Abstammungsproblems des Menschen durch P. Kramp, einem ausgezeichneten Vortrag des Biochemikers A. Bute-nandt und einem Vortrag de Physikers P. lordan, die sich beide besonders mit der Frage der Entstehung des Lebens befassen. Diese Aufsätze geben ein gute Bild davon, in welchem Ausmaß die Grundgedanken der Abstammungstheorie zu einem unentbehrlichen Bestandteil der biologischen Wissenschaft geworden sind, wie weit ihre heutige wissenschaftliche Fundierung über das oberflächliche Theoietisieren der Frühzeit der Abstammungslehre hinaus gediehen ist, wie schwierig und umfangreich aber auch die hier vorliegende Problematik ist. Es wäre an der Zeit, daß diese wohlbegründete, beherrschende Stellung der Abstammungstheorie in der heutigen wissenschaftliehen Biologie allgemein zur Kenntnis genommen würde. Versuche, diese Tatsache durch unsachliche Polemik zu verhüllen, leisten der weltanschaulichen Aufgabe einer Synthese zwischen dem christlichen Glauben und dem Weltbild der Naturwissenschaft keinen guten Dienst.

Es wäre zu wünschen, daß die Diskussion auf der Ebene, die sich in diesem Buch abzeichnet, fortgesetzt und intensiviert wird. Der Augustinische Gedanke der creatio continua und das Walten des göttlichen Schöpferwillens im geschichtlichen Ablauf der Welt könnte in den theologischen Beiträgen stärker betont sein. In den Beiträgen der Naturwissenschaftler vermißt man Hinweise auf die wissenschaftslogischen und methodologischen Grundlagen dei Erfahrungswissenschaften und auf die dadurch gegebenen Grenzen jeder Naturwissenschaft. Vor allem aber müßte sich eine solche Diskussion auch mit der — hoffentlich bald nur noch geistesgeschichtlich interessanten — Erscheinung des „Evolutionismus“ befassen, d. h., der Politik, mit jener Erscheinung also, die durch eine völlig unwissenschaftlichen Ausdehnung der Grundgedanken der biologischen Deszendenzlehre auf alle menschlichen Belange, auf Fragen der Kulturgeschichte, der Soziologie, der Ethik. Religion und Politik, mit jener Erscheinung also, die durch eine unzulässige philosophische Interp etation einer erfahrungswissenschaftlichen Theorie diese in den weitet//* /Menexifkeinunqeti mi Dezleben durch die Buchhandlung „HEROLD“, Wien VIII, Strozzigasse anschaulichen Meinungsstreit hineingezogen und zum Kampf gegen den Glauben ausgenutzt hat. Eine Auseinandersetzung mit diesem „Evolutionismus“ versucht Clarks Buch „Darwin und die Folgen“, das vor einiger Zeit Gegenstand einer ausführlichen Besprechung in der „Furche“ war. Leider ist dieses Buch dadurch, daß es eine völlig überholte Situation zur Darstellung bringt, viele Zusammenhänge tendenziös mißdeutet und von der modernen wissenschaftlichen Biologie wenig Kenntnis nimmt, kaum geeignet, hier klärend zu wirken.

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