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Was hat P. Höring zum „Koma-Baby” wirklich gemeint?

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Auf der Titelseite der letzten Ausgabe der furche wurde ein Kurzinterview mit P. Bernhard Häring zum „Koma-Baby” wiedergegeben, das mißverständlich war. Die Sache selbst und der Respekt vor dem Moraltheologen verlangen, hier noch einige Fragen zu stellen.

Häring soll betont haben, „daß sich die Kirche für solche Grenzfälle nicht festgelegt” habe. Moraltheologie kann nie alle möglichen Fälle voraussehen und für sie strikte Handlungsanweisungen geben. Hier ging es aber darum, ein (damals noch) gesundes Kind gegebenenfalls auch nach dem Gehirntod der Mutter durch deren künstliche Beatmung bis zum Augenblick der Geburt am Leben zu erhalten. Der behandelnde Arzt, Professor Paul Sporn, hat in eindrucksvoller Weise geschildert, wie sonst das Kind im Mutterleib ersticken würde. Gilt da nicht doch der allgemeine Grundsatz, das Leben eines (noch nicht geborenen) Kindes mit allen Mitteln ärztlicher Kunst zu erhalten? Solches verlangt nicht nur die Moraltheologie, sondern auch, wie uns Sporn beispielhaft gezeigt hat, das ärztliche Ethos.

Für den Einzelfall und weil für das Kind die Gefahr psychischer oder physischer Schäden besteht, wünscht Häring für die Entscheidungsfindung eine Ethikkommission. Kommt kein Einvernehmen zustande, soll die Familie, in erster Linie der Vater das letzte Wort haben.

Ab welchem Grad der Schädigung ist das Leben des Kindes nicht mehr schützenswert? Welche Kommission kann dem Arzt seine Letztverantwortung abnehmen? Ist der Vater der verlaß- • lichste Anwalt für das Kind, wenn man bedenkt, wieviele Väter, vor allem in nichtehelichen Beziehungen, sich sonst nach der Zeugung eines Kindes aus der Verantwortung stehlen?

Die Diskussion um das „Koma-

Baby” hat gezeigt, wie gerade ein Arzt das ungeborene Kind sieht und sich diesem Leben gegenüber verantwortlich fühlt. Selbst Peter Michael Lingens, sonst Befürworter der Fristenlösung, hat das „die bessere Abtreibungsdebatte” genannt.

Das Kurzinterview mit Häring macht den Eindruck, als ginge es der Moraltheologie hier auf einmal mehr um die „Rechte” der Mutter, noch dazu einer toten Mutter, als um das Leben des Kindes. Doktor Sporn verdient von einem Moraltheologen nicht nur „volles Verständnis”, sondern höchste Anerkennung und jede nur erdenkliche moralische Unterstützung.

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