Picasso sah Malerei als Waffe

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Die Bedeutung von Krieg und Frieden in Picassos Arbeiten sowie sein politisches Engagement stehen im Mittelpunkt der neuen Ausstellung in der Wiener Albertina. Ziel der Retrospektive ist es, anhand der 200 Exponate einen anderen Picasso zu zeigen.

Plakative Propaganda war seine Sache nicht, doch Pablo Picasso war ein weitaus politischerer Künstler als bisher angenommen # dies will die neue Albertina-Ausstellung anhand von rund 200 Gemälden des großen Künstlers darstellen. Indirekt und subtil sind seine politischen Kommentare erst auf den zweiten Blick und im Kontext der ihre Entstehung umrahmenden Weltereignisse erkennbar: #Ich habe den Krieg nicht gemalt, weil ich nicht zu den Malern gehöre, die hinausgehen und etwas abbilden wie ein Fotograf, aber ich habe keine Zweifel daran, dass Krieg in den Bildern, die ich damals geschaffen habe, existiert ...# Quer übereinander liegende Leichen verweisen somit auf das Leid der republikanischen Flüchtlinge, Karikaturen der Velazquez-Prinzessinnen auf das Spiel, das Diktator Franco mit der spanischen Königsfamilie spielte, Picassos Darstellungen fülliger Frauen werden als Sehnsucht nach Harmonie und Frieden gedeutet, die Taube ist in vielfältiger Form als Picassos potenteste Botschafterin vertreten.

Grundlage der Ausstellung sind die siebenjährigen Forschungen der englischen Wissenschafterin Lynda Morris, die als Kuratorin fungiert, Basis ihrer Recherche die im Picasso-Archiv des Musée national Picasso de Paris gelagerte politische Korrespondenz des Künstlers. #Diese neuen und überwältigenden Belege in Hinblick auf Picassos politisches Engagement zwingen uns förmlich, unser Verständnis seiner politischen Einstellung und ihrer Bedeutung für seine Kunst zu korrigieren#, heißt es im Vorwort des umfangreichen Katalogs.

Man habe hier wissenschaftliches Neuland betreten, um einen anderen Picasso zu zeigen, sagt Christoph Grunenberg von der Tate Liverpool, wo die Schau zuerst zu sehen war. #Ein viel komplexeres Bild# des Künstlers verspricht Kuratorin Lynda Morris, #einen neuen Picasso für eine neue Zeit# Grunenberg.

Propaganda und versteckte Kommentare

1944 war Picasso der Kommunistischen Partei beigetreten, er setzte sich für den Frieden ein, für die Unterdrückten, gegen das Franco-Regime in seiner Heimat Spanien. Bis zu seinem Tod unterstützte er die Kommunistische Partei durch umfangreiche pekuniäre Zuwendungen, vor allem aber durch sein Schaffen, in dem er den Spanischen Bürgerkrieg, die Kubakrise, den Koreakrieg und viele weitere Geschehnisse während der Zeit des Kalten Krieges künstlerisch umsetzte. Picasso sah seine Kunst, wie diese Ausstellung zeigen will, als potente Waffe: #Nein, die Malerei ist nicht dazu gedacht, Wohnungen zu schmücken. Sie ist ein Werkzeug des Angriffs und der Verteidigung im Krieg gegen den Feind.# Da die Transponierung seiner politischen Haltung, wie Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder beschreibt, #nicht unmittelbar evident ist, da er das Weltgeschehen nicht illustriert#, helfen genaue Erklärungen und Fototapeten an den Wänden der Ausstellungsräume, auf Picassos politische Spuren zu stoßen. So dominiert ein Foto des spanischen Diktators Franco mit dem späteren König Juan Carlos jenen Raum, in dem Picassos Deutung von Velazquez# #Las Meninas# hängt. Die Prinzessinnen werden darin zu Karikaturen, Velazquez# Selbstporträt wird als das eines Inquisitors gedeutet, das gesamte Gemälde als eine bittere Satire auf Francos Spiel mit den Monarchen.

Picasso setzt seine Botschaften einerseits in die mythische Vergangenheit, andererseits in Nachahmungen berühmter Werke der Kunstgeschichte. So nimmt er in seiner Interpretation der #Raub der Sabinerinnen#, das von Poussin und Jacques Louis David inspiriert ist, Bezug auf den Kubakrieg. #Die Frauen von Algier# kommentieren den Unabhängigkeitskampf Algeriens und das Leid der Frauen, für die Picasso oftmals Partei ergriff. Manets #Frühstück im Grünen#, ein Skandalbild von einst, hat Picasso gleich mehrfach umgesetzt, die Experten deuten es als eine Stellungnahme für die sexuelle Freiheit. #Das Leichenhaus# hat Picasso nach einem Attentat auf eine republikanische Familie gemalt, er prangert die Unmenschlichkeiten des Franco-Regimes und der Vichy-Regierung gegenüber Republikanern an, im größeren Kontext soll es auch die Bestialität der Menschen darstellen, ebenso wie zahlreiche Gemälde kämpfender Tiere.

Und auch wenn sämtliche 200 Werke der Ausstellung in den politischen Kontext gesetzt werden, wolle man, so Albertina-Direktor Schröder, #nicht sagen, dass alles politisch ist, aber dass diese Dimension Picassos bisher zu wenig beleuchtet wurde.#

Picasso: Frieden und Freiheit

Albertina, Albertinaplatz 1, 1010 Wien

tgl. 10 bis 19 Uhr, Mi 10 bis 21 Uhr, bis 16. 1. 2011

www.albertina.at

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